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Steuerberatung

Zur Steuerbefreiung der Verwaltung von Unterstützungskassen

BFH 26.7.2017, XI R 22/15

Die Ver­wal­tungs­leis­tun­gen von be­trieb­li­chen Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen sind um­satz­steu­er­pflich­tig, wenn die Ar­beit­neh­mer kein An­la­ge­ri­siko tra­gen und der Ar­beit­ge­ber zur Zah­lung an das Al­ters­ver­sor­gungs­sys­tem ge­genüber sei­nen Ar­beit­neh­mern ge­setz­lich ver­pflich­tet ist.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­tei­lig­ten strei­ten darüber, ob die Umsätze der Kläge­rin, eine Ver­wal­tungs­ge­sell­schaft für be­trieb­li­che Ver­sor­gungs­werke, als Umsätze aus der Ver­wal­tung von Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG steu­er­be­freit sind und in­fol­ge­des­sen der da­mit in Zu­sam­men­hang ste­hende Vor­steu­er­ab­zug aus­ge­schlos­sen ist. Die Kläge­rin er­brachte Ver­wal­tungs­leis­tun­gen an eine Ver­sor­gungs­kasse so­wie fünf wei­tere be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gungs­werke. Diese Ver­wal­tungs­leis­tun­gen be­stan­den u.a. darin, dass die Kläge­rin ein Kon­zept er­stellte und Un­terstützungs­kas­sen ein­rich­tete, all­ge­meine Ver­wal­tungstätig­kei­ten für die Un­terstützungs­kas­sen er­brachte.

Da­bei schloss die Kläge­rin mit Un­ter­neh­men, die ih­ren Ar­beit­neh­mern Al­ters­ver­sor­gungs­zu­sa­gen gewähr­ten, zum Zwecke der Ein­rich­tung ei­ner freien Un­terstützungs­kasse einen Ge­schäfts­be­sor­gungs­ver­trag. Bei den Un­terstützungs­kas­sen han­delte es sich um ge­mischte Un­terstützungs­kas­sen, die so­wohl durch Ent­gelt­um­wand­lung als auch aus­schließlich vom Ar­beit­ge­ber fi­nan­ziert wur­den. Bei Ein­tritt des Ver­sor­gungs­falls hatte der Leis­tungs­anwärter le­dig­lich ge­gen das Träger­un­ter­neh­men einen An­spruch, nicht aber ge­gen die Un­terstützungs­kasse. Die Träger­un­ter­neh­men muss­ten zur Ab­si­che­rung der An­sprüche Ein­zah­lun­gen in einen Pen­si­ons­si­che­rungs­ver­ein vor­neh­men, über den dann bei Zah­lungs­unfähig­keit des Träger­un­ter­neh­mens die Zah­lun­gen an den Leis­tungs­anwärter gewähr­leis­tet wur­den.

In ih­ren Um­satz­steu­er­erklärun­gen für die Streit­jahre 2003 und 2004 sah die Kläge­rin ihre Umsätze an die freien Un­terstützungs­kas­sen als steu­er­pflich­tig an und machte dar­auf an­tei­lig ent­fal­lende Vor­steu­er­beträge gel­tend. Das Fi­nanz­amt ver­sagte den Vor­steu­er­ab­zug in vol­lem Um­fang, da die Umsätze der Kläge­rin als Umsätze aus der Ver­wal­tung von Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen i.S.d. Ver­si­che­rungs­auf­sichts­ge­set­zes (VAG) steu­er­be­freit seien und die dem gel­tend ge­mach­ten Vor­steu­er­ab­zug zu­grunde ge­leg­ten Ein­gangs­leis­tun­gen in Zu­sam­men­hang da­mit stünden.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass der Kläge­rin ein Vor­steu­er­ab­zug nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 UStG zu­steht. Die Umsätze der Kläge­rin sind nicht um­satz­steu­er­frei. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ist richt­li­ni­en­kon­form in der Weise aus­zu­le­gen, dass Ver­wal­tungs­leis­tun­gen an Un­terstützungs­kas­sen un­ter Umständen wie de­nen des Streit­falls nicht in den An­wen­dungs­be­reich der Vor­schrift fal­len.

Steu­er­frei nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG sind die Ver­wal­tung von Son­der­vermögen nach dem Ge­setz über Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaf­ten, die Ver­wal­tung von Son­der­vermögen nach dem InvG und die Ver­wal­tung von Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen i.S.d. VAG. Diese Steu­er­be­frei­ung be­ruht auf Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richt­li­nie 77/388/EWG. Da­nach be­freien die Mit­glied­staa­ten un­ter den Be­din­gun­gen, die sie zur Gewähr­leis­tung ei­ner kor­rek­ten und ein­fa­chen An-wen­dung der Be­frei­ung so­wie zur Verhütung von Steu­er­hin­ter­zie­hun­gen, Steu­er­um­ge­hun­gen und et­wai­gen Missbräuchen fest­set­zen, u.a. "die Ver­wal­tung von durch die Mit­glied­staa­ten als sol­che de­fi­nier­ten Son­der­vermögen durch Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaf­ten".

Vor­lie­gend war die Steu­er­frei­heit je­doch zu ver­nei­nen. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG er­fasst zwar nach dem Wort­laut "mögli­cher­weise" auch Ver­wal­tungs­leis­tun­gen, wie sie die Kläge­rin in den Streit­jah­ren er­bracht hatte, je­doch er­for­dert eine richt­li­ni­en­kon­forme Aus­le­gung eine ein­schränkende An­wen­dung der Vor­schrift. Bei richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung sind nur sol­che Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen von der Steu­er­be­frei­ung um­fasst, die nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Richt­li­nie 77/388/EWG als Son­der­vermögen ein­zu­stu­fen­des Vermögen ver­wal­ten. Da­bei wird der Be­griff des "Son­der­vermögens" durch Uni­ons­recht und durch na­tio­na­les Recht be­stimmt. Un­terstützungs­kas­sen fal­len nicht un­ter den Uni­ons­be­griff "Son­der­vermögen", denn Un­terstützungs­kas­sen, in de­nen das Ka­pi­tal­vermögen zu­sam­men­geführt wird, sind kein Or­ga­nis­mus für ge­mein­same An­la­gen i.S.d. OGAW-Richt­li­nie.

Sie sind auch nicht mit den Fonds, die Or­ga­nis­men für ge­mein­same An­la­gen in Wert­pa­pie­ren i.S.d. OGAW-Richt­li­nie dar­stel­len, ver­gleich­bar. Die Un­terstützungs­kas­sen un­ter­schei­den sich ins­be­son­dere in der Frage der Ri­si­ko­tra­gung von einem Son­der­vermögen. Auf die Vor­aus­set­zung der Ri­si­ko­tra­gung durch den Begüns­tig­ten kann für das Vor­lie­gen ei­nes Son­der­vermögens auch nicht ver­zich­tet wer­den. Dies ent­spricht auch dem Verständ­nis des Ge­setz­ge­bers, der in der Ge­set­zes­begründung zum In­vest­ment­steu­er­re­form­ge­setz vom 19.7.2016 auf die EuGH-Recht­spre­chung ver­weist, die für eine Ver­gleich­bar­keit mit den Or­ga­nis­men für ge­mein­same An­la­gen in Wert­pa­pie­ren u.a. vor­aus­setzt, dass die An­teils­in­ha­ber auch das Ri­siko tra­gen, das mit der Ver­wal­tung des darin ge­sam­mel­ten Vermögens ein­her­geht.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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