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Zur Steuerfreiheit heileurythmischer Heilbehandlungsleistungen

BFH 26.7.2017, XI R 3/15

Der Nach­weis der Be­rufs­qua­li­fi­ka­tion kann sich aus der Zu­las­sung des Hei­leu­ryth­mis­ten zur Teil­nahme an den Verträgen zur In­te­grier­ten Ver­sor­gung mit An­thro­po­so­phi­scher Me­di­zin er­ge­ben. Die Steu­er­be­frei­ung er­streckt sich auf sämt­li­che hei­leu­ryth­mi­sche Heil­be­hand­lungs­leis­tun­gen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin war im Streit­jahr (2010) als Hei­leu­ryth­mis­tin selbständig tätig. Ihr wa­ren das "Di­plom für Eu­ryth­mie" des In­sti­tuts für Wal­dorfpädago­gik X so­wie das "Hei­leu­ryth­mie-Di­plom" der Schule für Eu­ryth­mi­sche Heil­kunst Y ver­lie­hen wor­den. Sie war Mit­glied im Be­rufs­ver­band Hei­leu­ryth­mie e.V. (BVHE) und seit Sep­tem­ber 2009 "nach § 6 Abs. 3 des (Rah­men-)Ver­tra­ges zur Durchführung In­te­grier­ter Ver­sor­gung mit An­thro­po­so­phi­scher Me­di­zin nach §§ 140a ff  SGB V von 2006 (Rah­men­ver­trag mit der BKK A so­wie bei­ge­tre­te­nen Kran­ken­kas­sen) zur Teil­nahme an den Verträgen zur Durchführung In­te­grier­ter Ver­sor­gung mit An­thro­po­so­phi­scher Me­di­zin nach §§ 140a ff SGB V" (IV-Verträge) zu­ge­las­sen.

Diese Teil­nah­me­be­rech­ti­gung wird vom BVHE nur spe­zi­ell aus­ge­bil­de­ten Heil­mit­teler­brin­gern mit der durch den BVHE aus­ge­stell­ten Be­rech­ti­gung zur Führung der Be­rufs­be­zeich­nung oder sol­chen Heil­mit­teler­brin­gern, die eine durch den BVHE bestätigte Gleich­wer­tig­keit ih­rer Qua­li­fi­ka­tion nach­wei­sen können, er­teilt, wenn der Leis­tungs­er­brin­ger die im IV-Ver­trag ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen nach­weist und die Re­ge­lun­gen des Ver­trags an­er­kennt. Sämt­li­che von der Kläge­rin im Streit­jahr er­brach­ten Leis­tun­gen als Hei­leu­ryth­mis­tin er­folg­ten auf­grund ärzt­li­cher Ver­ord­nun­gen. In ih­rer Um­satz­steuer-Jah­res­erklärung für das Streit­jahr erklärte sie diese Umsätze mit rd. 40.000 € als nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steu­er­frei. Das Fi­nanz­amt be­han­delte diese Umsätze mit dem Brut­to­be­trag als steu­er­pflich­tig.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass die von der Kläge­rin im Streit­jahr er­brach­ten Heil­be­hand­lungs­leis­tun­gen steu­er­frei sind.

Um­satz­steu­er­frei nach § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG sind Heil­be­hand­lun­gen im Be­reich der Hu­man­me­di­zin, die im Rah­men der Ausübung der Tätig­keit als Arzt, Zahn­arzt, Heil­prak­ti­ker, Phy­sio­the­ra­peut, Heb­amme oder ei­ner ähn­li­chen heil­be­ruf­li­chen Tätig­keit durch­geführt wer­den. Der Be­griff "Heil­be­hand­lun­gen im Be­reich der Hu­man­me­di­zin" ist ein au­to­no­mer uni­ons­recht­li­cher Be­griff und um­fasst Leis­tun­gen, die zur Dia­gnose, Be­hand­lung und, so weit wie möglich, Hei­lung von Krank­hei­ten oder Ge­sund­heitsstörun­gen die­nen. Diese Vor­aus­set­zun­gen sind hier erfüllt, da die je­weils auf ärzt­li­che Ver­ord­nung hin er­brach­ten hei­leu­ryth­mi­schen Leis­tun­gen der Kläge­rin dem Zweck der Be­hand­lung und, so­weit möglich, der Hei­lung von Krank­hei­ten oder Ge­sund­heitsstörun­gen der Leis­tungs­empfänger dien­ten.

Auch den für die Steu­er­be­frei­ung der Heil­be­hand­lungs­leis­tung er­for­der­li­chen be­ruf­li­chen Befähi­gungs­nach­weis hat die Kläge­rin er­bracht. Die be­ruf­li­che Qua­li­fi­ka­tion er­gab sich zwar nicht aus be­rufs­recht­li­chen Re­ge­lun­gen, je­doch hatte die Kläge­rin den Nach­weis ih­rer be­ruf­li­chen Qua­li­fi­ka­tion durch ihre Teil­nah­me­be­rech­ti­gung an den IV-Verträgen er­bracht. Denn die für Ver­sor­gungs­verträge und Ge­samt­ver­ein­ba­run­gen gel­ten­den Grundsätze gel­ten auch für IV-Verträge nach den §§ 140a ff. SGB V a.F., die Be­rufs­verbände von Leis­tungs­er­brin­gern mit ge­setz­li­chen Kran­ken­kas­sen ab­schließen, so­fern der je­wei­lige Be­rufs­ver­band die Teil­nah­me­be­rech­ti­gung der Leis­tungs­er­brin­ger da­von abhängig macht, dass die in den Verträgen ent­hal­te­nen Qua­li­fi­ka­ti­ons­an­for­de­run­gen erfüllt wer­den. Die vor dem Streit­jahr ab­ge­schlos­se­nen IV-Verträge mit ge­setz­li­chen Kran­ken­kas­sen be­tra­fen die Ver­sor­gung mit An­thro­po­so­phi­scher Me­di­zin, zu der auch die Hei­leu­ryth­mie gehört.

Die Kläge­rin war or­dent­li­ches Mit­glied im Bun­des­ver­band Hei­leu­ryth­mie e.V. (BVHE) und konnte da­mit als Leis­tungs­er­brin­ge­rin in die in­te­grierte Ver­sor­gung mit An­thro­po­so­phi­scher Me­di­zin ein­be­zo­gen wer­den. Sie erfüllte fer­ner die in den IV-Verträgen kon­kret be­nann­ten Qua­li­fi­ka­ti­ons­an­for­de­run­gen, da sie nach Er­werb des "Di­ploms für Eu­ryth­mie" ei­nes In­sti­tuts für Wal­dorfpädago­gik so­wie des "Hei­leu­ryth­mie-Di­ploms" ei­ner Schule für Eu­ryth­mi­sche Heil­kunst zur Teil­nahme an den IV-Verträgen zu­ge­las­sen war. Hier­aus er­gibt sich der für die Steu­er­frei­heit er­for­der­li­che Befähi­gungs­nach­weis glei­chermaßen wie für eine Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­ein­rich­tung, die auf Grund ei­nes Ver­sor­gungs­ver­trags gem. § 11 Abs. 2, §§ 40, 111 SGB V mit Hilfe von Fachkräften Leis­tun­gen zur me­di­zi­ni­schen Re­ha­bi­li­ta­tion er­bringt, so­weit diese Fachkräfte die in dem Ver­sor­gungs­ver­trag be­nannte Qua­li­fi­ka­tion ha­ben. Ist die er­for­der­li­che be­ruf­li­che Qua­li­fi­ka­tion nach­ge­wie­sen, er­streckt sich die Steu­er­be­frei­ung auf sämt­li­che er­brach­ten Heil­be­hand­lungs­leis­tun­gen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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