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Steuerberatung

Zur Steuerfreiheit von Supervisionsleistungen

FG Münster v. 12.3.2019 - 15 K 1768/17 U

Su­per­vi­si­ons­leis­tun­gen, die nicht nach § 19 Abs. 3 UStG von dem für die An­wen­dung der Klein­un­ter­neh­mer­gren­zen maßgeb­li­chen Ge­samt­um­sat­zes i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG aus­ge­nom­men sind, können trotz­dem nach der MwSt­Sys­tRL steu­er­be­freit sein. Der Se­nat sieht in den Leis­tun­gen und der Me­tho­dik im Ge­gen­satz zum Fi­nanz­amt keine Be­ra­tung, son­dern eine Un­ter­rich­tung i.S. ei­ner Ver­mitt­lung von Kennt­nis­sen und Fähig­kei­ten.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin er­brachte in 2014 als Su­per­vi­so­rin sog. Su­per­vi­si­ons­leis­tun­gen für Träger der Wohl­fahrts­pflege, der Kin­der- und Ju­gend­hilfe so­wie für ähn­li­che Ein­rich­tun­gen. Zu­dem lei­tete sie Lehr­ver­an­stal­tun­gen an der Hoch­schule. Die Umsätze aus der Tätig­keit als Su­per­vi­so­rin be­han­delte die Kläge­rin in ih­rer Um­satz­steuer(USt)-Erklärung 2014 - wie auch in den Vor­jah­ren - in vol­ler Höhe als nach § 4 Nr. 14 UStG um­satz­steu­er­frei.

Das Fi­nanz­amt ver­trat dem­ge­genüber die Auf­fas­sung, dass für die streit­ge­genständ­li­chen steu­er­ba­ren Umsätze i.H.v. 26.208 € brutto (22.024 € netto) der Kläge­rin aus ih­rer Tätig­keit als Su­per­vi­so­rin we­der eine Steu­er­be­frei­ung nach na­tio­na­len, noch nach uni­ons­recht­li­chen Vor­schrif­ten in Be­tracht komme und we­gen Über­schrei­tens der für die An­wen­dung der Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung gel­ten­den Grenz­beträge für 2014 die Um­satz­steuer fest­zu­set­zen sei.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage in vol­lem Um­fang statt. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die USt 2014 war gem. § 100 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. FGO auf 0 € fest­zu­set­zen. Die Kläge­rin ist im Streit­jahr nämlich als Klein­un­ter­neh­me­rin nach § 19 UStG zu be­steu­ern, da sie die hierfür re­le­van­ten Um­satz­gren­zen nicht über­schrit­ten und auf die An­wen­dung der Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung nicht ver­zich­tet hatte.

Mit § 19 UStG hat der Ge­setz­ge­ber von der Möglich­keit nach Art. 281ff. MwSt­Sys­tRL Ge­brauch ge­macht, Son­der­re­ge­lun­gen für Klein­un­ter­neh­mer ein­zuführen. Da­nach sind die hier strei­ti­gen, nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der MwSt­Sys­tRL steu­er­be­frei­ten Umsätze zwar nicht nach § 19 Abs. 3 UStG von dem für die An­wen­dung der Klein­un­ter­neh­mer­gren­zen maßgeb­li­chen Ge­samt­um­sat­zes i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG aus­ge­nom­men. Al­ler­dings kann sich die Kläge­rin in­so­weit auf die für sie im Ver­gleich zur Re­ge­lung des § 19 Abs. 3 UStG güns­ti­gere Re­ge­lung des Art. 288 der MwSt­Sys­tRL be­ru­fen, wo­nach nach Art. 132 der MwSt­Sys­tRL be­freite Umsätze nicht zu den Ge­samt­umsätzen zählen. Dies hat die Kläge­rin für das Streit­jahr zu­min­dest da­durch kon­klu­dent ge­tan, dass sie im Kla­ge­ver­fah­ren be­an­tragt hatte, die USt für das Streit­jahr auf 0 € fest­zu­set­zen.

Da die Kläge­rin sich auf die o.g. Vor­schrift un­mit­tel­bar be­ru­fen konnte, ist es aus Sicht des er­ken­nen­den Se­nats un­schädlich, dass die Su­per­vi­si­ons­leis­tun­gen der Kläge­rin nach na­tio­na­lem Um­satz­steu­er­recht nicht von der USt be­freit sind, da die Kläge­rin nicht über eine hin­rei­chende Be­schei­ni­gung der zuständi­gen Lan­des­behörde gem. § 4 Nr. 21 Buchst. a) Dop­pel­buchst. bb) UStG verfügt. Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwSt­Sys­tRL be­freien die Mit­glied­staa­ten "den von Pri­vat­leh­rern er­teil­ten Schul- und Hoch­schul­un­ter­richt" von der USt. Nach Auf­fas­sung des Se­nats han­delt es sich nach den durch die Kläge­rin vor­ge­leg­ten Un­ter­la­gen bei de­ren Tätig­keit um eine dem Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwSt­Sys­tRL un­ter­fal­lende Ver­mitt­lung von Kennt­nis­sen und Fähig­kei­ten durch den Un­ter­rich­ten­den an Schüler im Rah­men der be­ruf­li­chen Fort­bil­dung. Die Kläge­rin hatte durch Vor­lage der Sit­zungs­pro­to­kolle und Su­per­vi­si­ons­ver­ein­ba­run­gen dar­ge­legt, dass und wie sie pro­fes­sio­nelle So­zi­al­ar­bei­ter, So­zi­alpädago­gen so­wie an­dere in der Pflege tätige Ar­beit­neh­mer im Auf­trag de­ren Ar­beit­ge­ber in ih­rer ei­ge­nen Hand­lungs­kom­pe­tenz ge­genüber ein­an­der und den je­wei­li­gen Kli­en­ten schult und wei­ter­ent­wi­ckelt.

Der Se­nat sieht in den Leis­tun­gen und der Me­tho­dik der Kläge­rin im Ge­gen­satz zum Fi­nanz­amt keine Be­ra­tung, son­dern eine Un­ter­rich­tung i.S. ei­ner Ver­mitt­lung von Kennt­nis­sen und Fähig­kei­ten. Ihre Tätig­keit hat sie auch als "Pri­vat­leh­re­rin" i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwSt­Sys­tRL ausgeübt. Die Kläge­rin er­bringt die streit­ge­genständ­li­chen Su­per­vi­si­ons­leis­tun­gen im Kon­text pfle­gen­der, be­treu­en­der und er­zie­hen­der Dienst­leis­tun­gen und da­mit in Be­rei­chen, die aus­weis­lich ih­rer ausdrück­li­chen Nen­nung in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i MwSt­Sys­tRL ("eng mit der So­zi­alfürsorge und der so­zia­len Si­cher­heit ver­bun­dene Dienst­leis­tun­gen", "eng mit der Kin­der- und Ju­gend­be­treu­ung ver­bun­dene Dienst­leis­tun­gen" und "Er­zie­hung von Kin­dern und Ju­gend­li­chen") durch die MwSt­Sys­tRL be­reits dem Grunde nach als dem Ge­mein­wohl die­nend an­ge­se­hen wer­den.

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