Der Sachverhalt:
Die Klägerin erbrachte in 2014 als Supervisorin sog. Supervisionsleistungen für Träger der Wohlfahrtspflege, der Kinder- und Jugendhilfe sowie für ähnliche Einrichtungen. Zudem leitete sie Lehrveranstaltungen an der Hochschule. Die Umsätze aus der Tätigkeit als Supervisorin behandelte die Klägerin in ihrer Umsatzsteuer(USt)-Erklärung 2014 - wie auch in den Vorjahren - in voller Höhe als nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei.
Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass für die streitgegenständlichen steuerbaren Umsätze i.H.v. 26.208 € brutto (22.024 € netto) der Klägerin aus ihrer Tätigkeit als Supervisorin weder eine Steuerbefreiung nach nationalen, noch nach unionsrechtlichen Vorschriften in Betracht komme und wegen Überschreitens der für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung geltenden Grenzbeträge für 2014 die Umsatzsteuer festzusetzen sei.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage in vollem Umfang statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die USt 2014 war gem. § 100 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. FGO auf 0 € festzusetzen. Die Klägerin ist im Streitjahr nämlich als Kleinunternehmerin nach § 19 UStG zu besteuern, da sie die hierfür relevanten Umsatzgrenzen nicht überschritten und auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nicht verzichtet hatte.
Mit § 19 UStG hat der Gesetzgeber von der Möglichkeit nach Art. 281ff. MwStSystRL Gebrauch gemacht, Sonderregelungen für Kleinunternehmer einzuführen. Danach sind die hier streitigen, nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j der MwStSystRL steuerbefreiten Umsätze zwar nicht nach § 19 Abs. 3 UStG von dem für die Anwendung der Kleinunternehmergrenzen maßgeblichen Gesamtumsatzes i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG ausgenommen. Allerdings kann sich die Klägerin insoweit auf die für sie im Vergleich zur Regelung des § 19 Abs. 3 UStG günstigere Regelung des Art. 288 der MwStSystRL berufen, wonach nach Art. 132 der MwStSystRL befreite Umsätze nicht zu den Gesamtumsätzen zählen. Dies hat die Klägerin für das Streitjahr zumindest dadurch konkludent getan, dass sie im Klageverfahren beantragt hatte, die USt für das Streitjahr auf 0 € festzusetzen.
Da die Klägerin sich auf die o.g. Vorschrift unmittelbar berufen konnte, ist es aus Sicht des erkennenden Senats unschädlich, dass die Supervisionsleistungen der Klägerin nach nationalem Umsatzsteuerrecht nicht von der USt befreit sind, da die Klägerin nicht über eine hinreichende Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde gem. § 4 Nr. 21 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) UStG verfügt. Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten "den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht" von der USt. Nach Auffassung des Senats handelt es sich nach den durch die Klägerin vorgelegten Unterlagen bei deren Tätigkeit um eine dem Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL unterfallende Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler im Rahmen der beruflichen Fortbildung. Die Klägerin hatte durch Vorlage der Sitzungsprotokolle und Supervisionsvereinbarungen dargelegt, dass und wie sie professionelle Sozialarbeiter, Sozialpädagogen sowie andere in der Pflege tätige Arbeitnehmer im Auftrag deren Arbeitgeber in ihrer eigenen Handlungskompetenz gegenüber einander und den jeweiligen Klienten schult und weiterentwickelt.
Der Senat sieht in den Leistungen und der Methodik der Klägerin im Gegensatz zum Finanzamt keine Beratung, sondern eine Unterrichtung i.S. einer Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten. Ihre Tätigkeit hat sie auch als "Privatlehrerin" i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL ausgeübt. Die Klägerin erbringt die streitgegenständlichen Supervisionsleistungen im Kontext pflegender, betreuender und erziehender Dienstleistungen und damit in Bereichen, die ausweislich ihrer ausdrücklichen Nennung in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i MwStSystRL ("eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen", "eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen" und "Erziehung von Kindern und Jugendlichen") durch die MwStSystRL bereits dem Grunde nach als dem Gemeinwohl dienend angesehen werden.
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