Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine AG und Konzernobergesellschaft der A-Gruppe. Im Streitjahr 2006 war sie mittelbar zu 100 % an der A B.V. (BV) mit Sitz in den Niederlanden beteiligt. Daneben hielt sie u.a. eine 100 %ige Beteiligung an der A-GmbH, die ihrerseits zu 49,99 % an der A-AG beteiligt war. Die restlichen 50,01 % der Anteile an der AG wurden unmittelbar von der Klägerin gehalten.
Im Juli 2004 war durch die BV eine Umtauschanleihe ausgegeben worden. Aufgrund Ersetzungsvertrags aus September 2004 hatte die Klägerin sämtliche Verpflichtungen aus der Emittentenstellung im Wege der befreienden Schuldübernahme übernommen. Mit Verschmelzungsvertrag aus August 2006 war die A-GmbH gem. §§ 11 ff. UmwStG 2006 mit Rückwirkung zum 1.1.2006 (handelsrechtlich) bzw. 31.12.2005 (steuerrechtlich) zu Buchwerten auf die Klägerin verschmolzen. Aufgrund der Buchwertverschmelzung der GmbH entsprach der steuerliche Wertansatz der für die Erfüllung des Umtauschrechts vorgesehenen Aktien der A-AG im Zeitpunkt der Ausübung dieses Rechts bei der Klägerin dem bislang bei der A-GmbH ausgewiesenen Buchwert der Aktien. Die Verschmelzung wurde jeweils am 30.8.2006 im Handelsregister der GmbH und der Klägerin eingetragen.
Die Klägerin löste die in ihrer Steuerbilanz passivierte Anleiheverbindlichkeit im Zeitpunkt der Erfüllung des Aktienlieferungsanspruchs der Gläubiger ertragswirksam auf. Zugleich buchte sie die zur Erfüllung des Umtauschrechts vorgesehenen und von der GmbH erworbenen Aktien mit erfolgter Aktienlieferung aus. In Höhe der Differenz zwischen der weggefallenen, mit dem Marktwert der Aktien zum Lieferzeitpunkt ausgewiesenen Anleiheverbindlichkeit und dem Buchwert der Aktien erklärte sie in ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr einen außerordentlichen Ertrag und deklarierte diesen als nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG zu 95 % steuerfreien Aktienveräußerungsgewinn. Handelsrechtlich ergab sich für sie aufgrund der Ausbuchung der Anleiheverbindlichkeit mit dem in der Handelsbilanz beibehaltenen Nominalwert gegen den Buchwert der erworbenen Aktien unter Berücksichtigung der Rückzahlung Schuldverschreibungen ein geringerer Betrag.
Nach einer Betriebsprüfung war das Finanzamt der Ansicht, dass weitestgehend ein voll steuerpflichtiger Ertrag vorliege und erließ geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer für 2005 und 2006. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.
Gründe:
Das FG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass das von der Klägerin im Streitjahr zu versteuernde Einkommen nicht um einen zusätzlichen nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien Gewinn aus den Aktienübertragungen im Zusammenhang mit der Umtauschanleihe herabzusetzen ist.
Es entspricht der ganz h.M., dass bei Umtauschanleihen im Fall der Option auf Aktienlieferung durch die Anleihegläubiger die Anleiheverbindlichkeit gegen den Buchwert der abgegebenen Aktien auszubuchen ist. Sofern der Ansatz der Anleiheverbindlichkeit den Buchwert der (im Deckungsbestand gehaltenen) Aktien übersteigt, entsteht ein Gewinn, der § 8b Abs. 2 KStG unterfällt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Begriff der "Veräußerung" i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG allgemein als Übertragung des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums an Anteilen "gegen Entgelt" verstanden wird. Entgelt kann dabei jede Gegenleistung im wirtschaftlichen Sinne sein, wozu unzweifelhaft auch der Wegfall einer Verbindlichkeit - im Streitfall der aus der Umtauschanleihe resultierenden Anleiheverbindlichkeit der Steuerpflichtigen gehörte.
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1 EStG in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich u.a. aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs "Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. des HGB und werden für Kapitalgesellschaften ergänzt durch die Bestimmungen der §§ 264 ff. HGB. Zu den handelsrechtlichen GoB gehört u.a. die Pflicht des Kaufmanns, in seiner Bilanz für den Schluss eines Geschäftsjahres seine Verbindlichkeiten (Schulden) vollständig auszuweisen (vgl. §§ 240 Abs. 1 und 2, 242 Abs. 1, 246 Abs. 1 Satz 1 HGB). Das die für die Bewertung von Verbindlichkeiten in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG angeordnete sinngemäße Anwendung des Anschaffungswertprinzips (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG) ist dahin zu verstehen, dass ihre Bilanzierung - nach den im Steuerrecht zu beachtenden GoB - grundsätzlich zum Nennwert oder zum höheren Teilwert zu erfolgen hat.
Für den Ansatz eines höheren Teilwerts ist auch bei Verbindlichkeiten eine voraussichtlich dauernde Werterhöhung erforderlich; ein höherer Teilwert kann mithin nur dann angesetzt werden, wenn er aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertveränderung höher ist als der ursprüngliche Rückzahlungsbetrag. Die vorstehenden Grundsätze gelten grundsätzlich auch für den steuerbilanziellen Ausweis einer Verbindlichkeit aus einer Umtauschanleihe. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 KStG kann die Anleiheverbindlichkeit nicht mit einem über dem Nennwert liegenden Teilwert berücksichtigt werden, weil dem die von der Steuerpflichtigen in der Handelsbilanz des Streitjahres beibehaltene und erst im Zeitpunkt der Geltendmachung des Aktienlieferungsanspruchs durch die Gläubiger aufgelöste Bewertungseinheit zwischen der Anleiheverbindlichkeit und den im Bestand der Steuerpflichtigen gehaltenen AG-Aktien entgegensteht. Nach § 5 Abs. 1a EStG sind die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.
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