Der Sachverhalt:
Bereits im Jahr 2003 hatten die Eltern eine GmbH u. Co KG gegründet, deren Gesellschaftszweck die Errichtung und Vermietung von Mehrfamilienhäusern war. An der KG waren die Eltern zu jeweils 50 % als Kommanditisten beteiligt. Komplementärin war die nicht am Gesellschaftskapital beteiligte GmbH. Zum 1.12.2005 übertrugen die Eltern 90 % ihrer Kommanditbeteiligung an der KG zu gleichen Teilen unentgeltlich auf ihre drei Kinder. Zum 1.10.2006 übertrugen sie weitere 1,8 % der Kommanditanteile.
In ihrer Sonderbilanz bei der KG auf den 31.12.2006 wiesen die Eltern eine Rücklage i.H.v. 344.770 € aus. Dem lag zugrunde, dass sie die in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb gem. §§ 6b Abs. 3 Satz 1, 6c Abs. 1 Satz 1 EStG gebildete Rücklage in ihr Sonderbetriebsvermögen bei der KG übertragen hatten. Im Sonderbetriebsvermögen befand sich außerdem ein Grundstück, auf dem die Eltern ein Sechsfamilienhaus errichten ließen. Dieses wurde am 30.6.2007 fertig gestellt und in der Sonderbilanz der Eltern auf den 5.7.2007 bilanziert. Die Rücklage wurde in voller Höhe auf die Herstellungskosten des Sechsfamilienhauses übertragen. Das Grundstück und das darauf errichtete Sechsfamilienhaus überließen die Eltern des Steuerpflichtigen unentgeltlich an die KG.
Am 16.7.2007 übertrugen die Eltern ihre verbliebenen Anteile an der KG unentgeltlich auf ihre Kinder, sodass diese seitdem zu jeweils einem Drittel als Kommanditisten an der KG beteiligt waren. Ebenfalls am 16.7.2007 übertrugen die Eltern aus ihrem Sonderbetriebsvermögen das unentgeltlich an die KG überlassene, mit dem Sechsfamilienhaus bebaute Grundstück auf eine GbR, an der ihre Kinder wiederum zu jeweils einem Drittel beteiligt waren. Die GbR übernahm ein im Sonderbetriebsvermögen der Eltern gehaltenes Darlehen mit einem Soll-Stand von 120.000 €. Die GbR führte die unentgeltliche Überlassung des Grundstücks an die KG fort.
Das Finanzamt erkannte die Rücklage nach § 6b EStG in der Sonderbilanz der Eltern auf den 31.12.2006 nicht an. Die Übertragung der Rücklage von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen des Klägers sei nicht möglich. Die Rücklage könne nur auf ein anderes, in einem (Sonder )Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen gehaltenes Wirtschaftsgut übertragen werden. Das fragliche Wirtschaftsgut, hier das Sechsfamilienhaus, sei am 31.12.2006 jedoch noch nicht fertig gestellt gewesen. Im Zeitpunkt der Fertigstellung des Hauses im Jahr 2007 sei die Übertragung der Rücklage ebenfalls nicht möglich gewesen, da der landwirtschaftliche Betrieb bereits am 30.12.2006 auf den Kläger übertragen worden sei. Die Rücklage sei deshalb spätestens im Wirtschaftsjahr 2009/2010 im landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers aufzulösen.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Gründe:
Entgegen der Ansicht der Vorinstanz hatte das Finanzamt die Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft zu Recht um die Hälfte des Gewinns aus der Auflösung der Rücklage zuzüglich Gewinnzuschlags erhöht.
Die Eltern des Klägers konnten die Rücklage nicht in ihr Sonderbetriebsvermögen bei der KG übertragen und sie dementsprechend dort auch nicht in ihrer Sonderbilanz auf den 31.12.2006 ausweisen. Sie waren zwar grundsätzlich befugt, die in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb gebildete Rücklage von den Anschaffungs- und Herstellungskosten anderer Wirtschaftsgüter in ihrem Sonderbetriebsvermögen bei der KG abzuziehen. Dem Abzug stand hier aber entgegen, dass sich zum Bilanzstichtag am 31.12.2006 in ihrem Sonderbetriebsvermögen bei der KG kein (Reinvestitions-)Wirtschaftsgut befand, von dessen Anschaffungs- und Herstellungskosten sie die Rücklage hätten abziehen können. Eine isolierte Übertragung der Rücklage in ein anderes (Sonder-)Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen ohne (gleichzeitigen) Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines begünstigten Wirtschaftsguts lässt § 6b EStG nicht zu.
Der Abzug eines Betrags in Höhe der Rücklage setzt nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes insbesondere voraus, dass er von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines innerhalb von vier bzw. sechs Jahren angeschafften oder hergestellten (Reinvestitions-)Wirtschaftsguts vorgenommen wird. Dabei kommt es wegen der gesellschafterbezogenen Betrachtung nicht darauf an, ob das (Reinvestitions-)Wirtschaftsgut in dem Betrieb des Steuerpflichtigen angeschafft oder hergestellt worden ist, in dem auch die Rücklage nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG gebildet wurde. Vielmehr kann der Abzug insbesondere auch im Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Betrieb vorgenommen werden.
Die schlichte Übertragung einer Rücklage ohne Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines (Reinvestitions-) Wirtschaftsguts findet im Gesetz jedoch keine Grundlage. Denn § 6b EStG enthält keine Regelung, die eine derartige Übertragung zulässt. Die in R 6b.2 Abs. 8 Satz 3 EStR von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, eine nach § 6b Abs. 3 EStG gebildete Rücklage könne auf einen anderen Betrieb erst in dem Wirtschaftsjahr übertragen werden, in dem der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei Wirtschaftsgütern des anderen Betriebs vorgenommen werde, stellt eine zutreffende Auslegung des Gesetzes dar.
Im vorliegenden Fall konnten die Eltern des Klägers die Rücklage bis zum 31.12.2006 auch (noch) nicht von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Sechsfamilienhauses abziehen, da die Anschaffung oder Herstellung des Sechsfamilienhauses nicht schon im Jahr 2006, sondern erst im Jahr 2007 erfolgte. Die Rücklage war damit am 30.12.2006 weiterhin im landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern vorhanden. Zu diesem Datum übertrugen die Eltern den landwirtschaftlichen Betrieb unentgeltlich auf den Kläger. Dieser trat als Betriebsübernehmer in die Rechte und Pflichten der Betriebsübergeber - seiner Eltern - ein. Die von den Eltern gebildete Rücklage war deshalb vom Kläger zu übernehmen und entsprechend fortzuführen. Dies hat zur Folge, dass eine Übertragung der Rücklage auf ein Reinvestitionsobjekt oder eine gewinnerhöhende Auflösung der Rücklage mit der unentgeltlichen Betriebsübernahme durch den Steuerpflichtigen ausschließlich bei diesem zu erfassen war.
Das Finanzamt hatte die im landwirtschaftlichen Betrieb des Steuerpflichtigen (noch) vorhandene Rücklage nach §§ 6b, 6c EStG somit zu Recht zum Abschluss des Wirtschaftsjahres 2009/2010 gewinnerhöhend aufgelöst und die entsprechende Betriebseinnahme und den Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 EStG im Streitjahr zur Hälfte erfasst. Weiterhin kam auch eine Billigkeitsregelung nach § 163 AO in Form einer niedrigeren Steuerfestsetzung nicht in Betracht, da die dem Gesetz entsprechende Rechtsfolge im Streitfall nicht den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderläuft.
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