Der Sachverhalt:
Der 1966 geborene Antragsteller bezieht seit 2017 eine Berufsunfähigkeitsrente aus dem Versorgungswerk der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer (WPV). Im Streitjahr 2018 hatte er eine Rente von 39.437 € erhalten. Daneben erzielte der Antragsteller Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und machte seine Beiträge zur Steuerberater- und zur Wirtschaftsprüferkammer als Betriebsausgaben geltend.
In seiner Einkommensteuererklärung für 2018 gab der Antragsteller die Renteneinkünfte nicht an. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer auf 10.792 € fest und berücksichtigte Renteneinkünfte i.H.v. 29.081 € (39.437 € abzüglich steuerfreier Teil 10.254 € und Werbungskosten-Pauschbetrag 102 €). Hiergegen hat der Antragsteller Sprungklage erhoben über die der Senat noch nicht entschieden hat (Az. 9 K 1807/19 E).
Der Antragsteller ist der Ansicht, dass seine Renteneinkünfte nicht der Besteuerung unterworfen werden dürften. Von seinen zwischen 1999 und 2017 geleisteten Beitragszahlungen seien im Durchschnitt nur 67,6 % steuerfrei gestellt worden. Die Besteuerung der Rente mit 76 % führe daher zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung, und zwar bezogen auf die voraussichtliche Rentenlaufzeit von 2018 bis 2049 i.H.v. mindestens 44.222 €. Die in den Rentenzahlungen enthaltenen Wertzuwächse stellten Vermögensmehrungen im Privatvermögen dar, die wegen des Dualismus der Einkunftsarten nicht steuerbar seien.
Das FG wies im vorliegenden Verfahren den Aussetzungsantrag ab.
Die Gründe:
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids für 2018 bestehen nicht.
Die Einbeziehung der Renteneinkünfte in die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage in der vom Finanzamt berechneten Höhe entspricht zunächst dem Gesetz. Denn gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) Satz 1 EStG gehören zu den sonstigen Einkünften u.a. Leibrenten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen. Dies trifft auch auf die vom Antragsteller bezogene Rente des WPV zu. Satz 3 der genannten Vorschrift regelt die maßgeblichen Besteuerungsanteile in Abhängigkeit vom Jahr des Rentenbeginns. Bei einem Rentenbeginn - wie im Streitfall - im Jahr 2017 beträgt der Besteuerungsanteil 74 %. Der vom Antragsgegner steuerfrei belassene Betrag i.H.v. 10.254 € beträgt 26 % des insgesamt zugeflossenen Rentenbetrages.
Die Anwendung der Regelung im Streitfall führt auch nicht zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung. Nach BVerfG-Rechtsprechung, der der Senat folgt, hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstands und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum (BVerfG v. 29.9.2015 - 2 BvR 2683/11). Dies gilt vor allem dann, wenn der Gesetzgeber - wie bei der Besteuerung der Alterseinkünfte - komplexe Regelungssysteme umgestalten muss. Eine erhebliche Ungleichbehandlung, die jeglichen sachlichen Grundes entbehrt, weil alle vom Gesetzgeber angestrebten Regelungsziele auch unter Vermeidung der ungleichen Behandlung und ohne Inkaufnahme anderer Nachteile erreicht werden können, braucht von den Betroffenen jedoch nicht hingenommen zu werden. Zudem findet der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum bei der Neuordnung der Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und der Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen im Verbot der Doppelbesteuerung seine Grenze.
Die Neuregelung der Rentenbesteuerung durch das AltEinkG zum 1.1.2005 hat das BVerfG auch im Hinblick auf Renten aus berufsständischen Versorgungswerken im Grundsatz als verfassungsgemäß bewertet. Nicht zu beanstanden ist danach das für diese Renten ebenfalls vorgesehene neue Konzept der nachgelagerten Besteuerung, wonach nicht die Erträge des Rentenstammrechts, sondern die tatsächlichen Rentenzuflüsse als Einkommen besteuert werden, und zwar auch soweit sie aus eigenen Beitragsleistungen des Steuerpflichtigen resultieren, sofern keine Doppelbesteuerung erfolgt.
Ausdrücklich hat das BVerfG die andersartige Besteuerung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus berufsständischen Versorgungswerken im Vergleich zur Besteuerung von Privatrenten gebilligt, bei denen die Wertsteigerungen zwar ebenfalls erfasst werden, allerdings nur über die Besteuerung eines Ertragsanteils (vgl. BVerfG v. 30.9.2015 - 2 BvR 1961/10). Bei summarischer Beurteilung besteht vorliegend somit keine Veranlassung, diese Frage in Bezug auf einen Vergleich zwischen Renten aus berufsständischen Versorgungswerken mit überobligatorisch dotierten Riester- und Rürup-Verträgen (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a, Doppelbuchst. bb Satz 1, 3, i.V.m. § 22 Nr. 5 Buchst. a EStG) anders zu beurteilen.
Nach BVerfG-Rechtsprechung hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstands und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Dies gilt vor allem dann, wenn der Gesetzgeber - wie bei der Besteuerung der Alterseinkünfte - komplexe Regelungssysteme umgestalten muss. Eine erhebliche Ungleichbehandlung, die jeglichen sachlichen Grundes entbehrt, weil alle vom Gesetzgeber angestrebten Regelungsziele auch unter Vermeidung der ungleichen Behandlung und ohne Inkaufnahme anderer Nachteile erreicht werden können, braucht von den Betroffenen jedoch nicht hingenommen zu werden.