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Zur Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden

BFH 10.8.2016, XI R 31/09

Bei der Her­stel­lung ei­nes ge­mischt ge­nutz­ten Gebäudes ermöglicht der ob­jekt­be­zo­gene Flächen­schlüssel re­gelmäßig eine sach­ge­rechte und "präzi­sere" Be­rech­nung des Rechts auf Vor­steu­er­ab­zug als der ge­samt­um­satz­be­zo­gene oder der ob­jekt­be­zo­gene Um­satz­schlüssel. Die Neu­re­ge­lung der Auf­tei­lungs­me­thode für den Vor­steu­er­ab­zug durch den am 1.1.2004 in Kraft ge­tre­te­nen § 15 Abs. 4 S. 3 UStG kann eine Ände­rung der für den ur­sprüng­li­chen Vor­steu­er­ab­zug maßge­ben­den Verhält­nisse i.S.d. § 15a Abs. 1 UStG be­wir­ken.

Der Sach­ver­halt:
Strei­tig ist im Zu­sam­men­hang mit der Er­rich­tung und Un­ter­hal­tung ei­nes ge­mischt ge­nutz­ten Gebäudes die Auf­tei­lung der im Jahr 2004 (Streit­jahr) an­ge­fal­le­nen Vor­steu­er­beträge so­wie die Be­rich­ti­gung des Vor­steu­er­ab­zugs.

Die kla­gende Grundstücks­ge­mein­schaft in der Rechts­form ei­ner GbR baute auf ih­rem Grundstück ein Wohn- und Ge­schäfts­haus mit Tief­ga­ra­gen­stellplätzen. Das Gebäude, mit dem die Kläge­rin so­wohl steu­er­freie als auch steu­er­pflich­tige Ver­mie­tungs­umsätze ausführte, um­fasst ins­ge­samt sechs Wohn- und Ge­schäfts­ein­hei­ten und zehn Tief­ga­ra­genplätze.

Den An­teil der ab­zieh­ba­ren Vor­steu­er­beträge er­mit­telte sie nach dem Verhält­nis der vor­aus­sicht­li­chen steu­er­pflich­ti­gen Aus­gangs­umsätze zu den vor­aus­sicht­li­chen steu­er­freien Aus­gangs­umsätzen (sog. ob­jekt­be­zo­ge­ner Um­satz­schlüssel). Das Fi­nanz­amt legte da­ge­gen der Vor­steu­er­auf­tei­lung den (für die Kläge­rin ungüns­ti­ge­ren) Flächen­schlüssel zu­grunde.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage teil­weise statt. Hier­ge­gen wen­den sich die Be­tei­lig­ten mit ih­ren Re­vi­sio­nen. Der BFH setzte das Ver­fah­ren zwi­schen­zeit­lich aus und legte dem EuGH Fra­gen zur Vor­ab­ent­schei­dung vor, die die­ser mit Ur­teil vom 9.6.2016 (C-332/14) be­ant­wor­tete. Der BFH hob nun das Ur­teil des FG auf und ver­wies die Sa­che dort­hin zurück.

Die Gründe:
Die Ausführun­gen des FG zur Vor­steu­er­auf­tei­lung ent­spre­chen nicht den vom EuGH hierzu auf­ge­stell­ten Rechts­grundsätzen.

In Fällen, in de­nen ein Ver­mie­ter mit der Ver­mie­tung ei­nes Wohn- und Ge­schäfts­hau­ses so­wohl steu­er­freie als auch steu­er­pflich­tige Ver­mie­tungs­umsätze ausführt, ist der Vor­steu­er­ab­zug nur zulässig, so­weit die von einem Un­ter­neh­mer be­zo­ge­nen Ein­gangs­leis­tun­gen (hier: Bau­ma­te­rial, Hand­wer­ker­leis­tun­gen etc.) für steu­er­pflich­tige Aus­gangs­umsätze ver­wen­det wer­den. Da­her müssen die ins­ge­samt an­ge­fal­le­nen Vor­steu­ern nach § 15 Abs. 4 UStG auf­ge­teilt wer­den. Seit der Einfügung des § 15 Abs. 4 S. 3 UStG mit Wir­kung vom 1.1.2004 ist eine Auf­tei­lung nach dem Verhält­nis der (vor­aus­sicht­li­chen) steu­er­pflich­ti­gen zu den steu­er­freien Aus­gangs­umsätzen (sog. Um­satz­schlüssel) nur noch nach­ran­gig zulässig.

Bei der Her­stel­lung ei­nes ge­mischt ge­nutz­ten Gebäudes kann da­her - im Ge­gen­satz zu den lau­fen­den Auf­wen­dun­gen - für die Auf­tei­lung der Vor­steuer nicht dar­auf ab­ge­stellt wer­den, wel­che Auf­wen­dun­gen in be­stimmte Teile des Gebäudes ein­ge­hen; viel­mehr kommt es in­so­weit auf die Ver­wen­dungs­verhält­nisse des ge­sam­ten Gebäudes an. Bei der Vor­steu­er­auf­tei­lung ermöglicht der ob­jekt­be­zo­gene Flächen­schlüssel re­gelmäßig - d.h. wenn die ver­schie­de­nen Zwecken die­nen­den Flächen mit­ein­an­der ver­gleich­bar sind - eine sach­ge­rechte und "präzi­sere" Be­rech­nung des Rechts auf Vor­steu­er­ab­zug als der ge­samt­um­satz­be­zo­gene oder der ob­jekt­be­zo­gene Um­satz­schlüssel. Ob die Ver­gleich­bar­keit der Flächen vor­lie­gend ge­ge­ben ist, wird das FG zu prüfen ha­ben.

Fer­ner hatte das Fi­nanz­amt im Wege der Vor­steu­er­be­rich­ti­gung einen Teil der in den ver­gan­ge­nen Jah­ren (seit Be­ginn der Baumaßnahme 1999) an­er­kann­ten Vor­steu­er­beträge von der Kläge­rin zurück­ver­langt, weil auch in­so­weit nun­mehr der Flächen­schlüssel gelte. In­so­weit gilt: Ändern sich bei einem Gebäude in­ner­halb von zehn Jah­ren ab dem Zeit­punkt der erst­ma­li­gen Ver­wen­dung die für den ur­sprüng­li­chen Vor­steu­er­ab­zug maßge­ben­den Verhält­nisse, ist für je­des Ka­len­der­jahr der Ände­rung eine Vor­steu­er­be­rich­ti­gung vor­zu­neh­men (§ 15a Abs. 1 UStG).

Die Neu­re­ge­lung der Auf­tei­lungs­me­thode für den Vor­steu­er­ab­zug durch § 15 Abs. 4 S. 3 UStG kann in­so­weit eine Ände­rung der für den ur­sprüng­li­chen Vor­steu­er­ab­zug maßge­ben­den Verhält­nisse i.S.d. § 15a Abs. 1 UStG be­wir­ken. Ei­ner ent­spre­chen­den Vor­steu­er­be­rich­ti­gung ste­hen we­der die all­ge­mei­nen uni­ons­recht­li­chen Grundsätze der Rechts­si­cher­heit und des Ver­trau­ens­schut­zes ent­ge­gen noch liegt darin eine ver­fas­sungs­recht­lich un­zulässige Rück­wir­kung in Vor­jahre.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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