Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Einzelunternehmer. Im Jahr 2011 traf er mit einigen Arbeitnehmern neue Vereinbarungen bezüglich der Entlohnung. In einem ersten Schritt wurde hierbei der bisherige Bruttolohn herabgesetzt. So heißt es z.B. in der durch den Kläger beispielhaft zu den Akten gereichten "Ergänzende[n] Vereinbarung" mit der Arbeitnehmerin:
"I. Die Arbeitsvertragsparteien stellen fest, dass das Bruttogehalt ab dem 1.7.2011 nunmehr 2.285,04 € beträgt, bei unveränderter Arbeitszeit. Dies entspricht einem Entgeltverzicht in Höhe von 245,85 €.
II. Als Bemessungsgrundlage für andere Ansprüche, wie zum Beispiel quotale, zukünftige Lohnerhöhungen, gesetzliche Abfindungsansprüche, gegebenenfalls Urlaubs- oder Weihnachtsgeld und vergleichbare, bestehende Ansprüche gilt der bisherige Bruttobarlohn i.H.v. 2.530,89 € als vereinbart (Schattenlohn). Diese Bemessungsgrundlage wird für die Zukunft fortgeschrieben."
In einem weiteren Schritt vereinbarte der Kläger mit seinen Arbeitnehmern unter III. der ergänzenden Vereinbarung die Zahlung eines Zuschusses für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie mit einigen Arbeitnehmern einen pauschalen Zuschuss für die Internetnutzung. In den jeweiligen ergänzenden Vereinbarungen heißt es hierzu, diese zusätzlichen Leistungen fielen nicht unter den Freiwilligkeitsvorbehalt. Im Jahre 2014 schlossen der Kläger und die einzelnen Arbeitnehmer bzgl. dieser seit dem Jahr 2011 geleisteten Lohnbestandteile eine Freiwilligkeitsvereinbarung, wonach die Zuschüsse ab dem 1.1.2014 rein freiwillig gewährt würden und keinen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers begründeten.
Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum Januar 2010 bis April 2014 vertrat die Prüferin die Auffassung, eine Pauschalversteuerung der streitigen Zusatzleistungen sei nicht zulässig, da sich die Neugestaltung der Arbeitsverträge als steuerschädliche Gehaltsumwandlung darstelle. Die gezahlten Zuschüsse seien daher nach § 40 Abs. 1 EStG unter Anrechnung der bisher vorgenommenen Pauschalierung zu versteuern. Das Finanzamt erließ daraufhin einen Lohnsteuernachforderungsbescheid.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass der Kläger die an seine Arbeitnehmer gezahlten Zuschüsse für die Internetnutzung sowie für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeits- bzw. erster Tätigkeitsstätte nicht pauschal versteuern durfte.
Gem. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG kann der Arbeitgeber abweichend von Abs. 1 die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, soweit er den Arbeitnehmern zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Internetnutzung zahlt. Für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistete Zuschüsse u.a. zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2013) bzw. erster Tätigkeitsstätte (ab dem Veranlagungszeitraum 2014) kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG mit einem Pauschsteuersatz von 15 % erheben, soweit diese Bezüge den Betrag nicht übersteigen, den der Arbeitnehmer nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG als Werbungskosten geltend machen könnte, wenn die Bezüge nicht pauschal besteuert würden.
Vorliegend ging es allein um die Frage, ob das den genannten Vorschriften gemeinsame Tatbestandsmerkmal "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" vorliegend erfüllt ist. Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung werden Zuschüsse des Arbeitgebers "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" geleistet, wenn sie zu den Lohnzahlungen hinzukommen, die entweder durch Vereinbarung, eine dauernde Übung oder sonst arbeitsrechtlich geschuldet sind. Danach ist der "ohnehin geschuldete Arbeitslohn" der lohnsteuerrechtlich erhebliche Vorteil, der arbeitsrechtlich geschuldet ist; das ist der Arbeitslohn, auf den zumindest im Zeitpunkt der Zahlung ein verbindlicher Rechtsanspruch besteht. An dieser Rechtsprechung hält der BFH nun jedoch nicht mehr fest. Vielmehr geht er davon aus, dass der zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn i.S.d. entsprechenden Vorschriften der Arbeitslohn ist, den der Arbeitgeber nur verwendungs- bzw. zweckgebunden leistet. Der ohnehin geschuldete Arbeitslohn i.S.d. entsprechenden Vorschriften ist mithin derjenige, den der Arbeitnehmer verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung (ohnehin) erhält. Im Allgemeinen unterliegt dieser Lohn der Regelbesteuerung.
Demgegenüber ist der hinzutretende verwendungsgebundene (zusätzliche) Lohn in den vorgenannten Vorschriften insofern begünstigt, als er vom Arbeitgeber mit einem Pauschsteuersatz besteuert oder - wie in anderen Fällen (§ 3 Nrn. 15, 33, 34, 34a, 37 und 46 EStG) - steuerfrei erbracht werden kann, sofern die persönlichen und sachlichen Begünstigungsvoraussetzungen erfüllt sind und insbesondere der - gesetzlich angeordnete und arbeitsvertraglich vereinbarte - besondere Verwendungszweck gewahrt wird. Auf die Frage, ob der Arbeitnehmer auf den fraglichen Lohnbestandteil arbeitsrechtlich einen Anspruch hat, kommt es daher nicht mehr an. Insbesondere zwingt der Wortlaut des Gesetzes nicht zu dem Verständnis, der zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn dürfe seinerseits nicht geschuldet sein. Denn Freiwilligkeit und Zusätzlichkeit schließen einander nicht aus. Vielmehr kann auch zu einer Zahlung, auf die im Zeitpunkt der Zahlung ein verbindlicher Rechtsanspruch besteht, eine weitere ebenfalls arbeitsrechtlich geschuldete Leistung hinzutreten.
Im Übrigen ist das Zusätzlichkeitserfordernis auf den Zeitpunkt der Lohnzahlung zu beziehen. Dies folgt aus dem in § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 4 i.V.m. § 38a Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG verankerten Zuflussprinzip als allgemeinem Grundsatz. Ein arbeitsvertraglich vereinbarter Lohnformenwechsel ist deshalb nicht begünstigungsschädlich. Setzen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den "ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" für künftige Lohnzahlungszeiträume arbeitsrechtlich wirksam herab, kann der Arbeitgeber diese Minderung durch verwendungsgebundene Zusatzleistungen steuerbegünstigt ausgleichen. Diese treten nunmehr zum Zahlungszeitpunkt zum ohnehin nur noch in geminderter Höhe geschuldeten Lohn hinzu und werden somit "zusätzlich" zu diesem erbracht. Vorliegend hat das FG dem Kläger die Pauschalierung der Lohnsteuer für die streitigen Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Internetnutzung sowie den Fahrtkosten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeits- bzw. erster Tätigkeitsstätte daher zu Unrecht versagt. Denn der Kläger hatte diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt. Eine derartige Gestaltung ist auch nicht rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 42 AO. Hier lag Gestaltungsmissbrauch schon deshalb nicht vor, weil der Kläger lediglich von der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hatte, bestimmte begünstigte Lohnleistungen zu pauschalieren.
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