Worum geht es?
Die korrekte und vollständige Erfassung einer innergemeinschaftlichen Lieferung in der Zusammenfassenden Meldung (ZM) nach § 18a UStG ist Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG). Seit Umsetzung und Geltung der Quick Fixes zum 01.01.2020 kommt neben der gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers auch der Erfassung in der (richtigen) ZM materiell-rechtliche Wirkung für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung zu.
Die ZM ist grundsätzlich bis zum 25. Tag nach Ablauf jedes Meldezeitraums (Kalendermonat oder Kalendervierteljahr) dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Stellt sich nachträglich heraus, dass eine abgegebene ZM unrichtig oder unvollständig ist, ist diese nach § 18a Abs. 10 UStG innerhalb eines Monats zu berichtigen.
Bisher vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass die Steuerbefreiung final zu versagen war, wenn eine nicht abgegebene oder fehlerhafte ZM nicht innerhalb der Monatsfrist korrigiert wurde (Abschn. 4.1.2 Abs. 2 Satz 2 UStAE a.F.). Eine Korrekturmöglichkeit bestand nicht.
BMF löst sich im Hinblick auf die Gewährung der Steuerbefreiung von der Monatsfrist
Mit seinem Schreiben vom 20.05.2022 und der entsprechenden Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses gibt das Bundesministerium der Finanzen nun seine doch sehr restriktive Auffassung teilweise auf.
Die Finanzverwaltung stellt nun klar, dass bei verspäteter, nicht fristgerechter Abgabe einer im Übrigen ordnungsgemäßen ZM die Steuerbefreiung für den betreffenden Umsatz rückwirkend im Abgabezeitpunkt zu gewähren ist, soweit die Abgabe der ZM innerhalb der Festsetzungsfrist erfolgt. Gleiches gilt bei Korrektur einer zunächst fehlerhaften ZM. Die Monatsfrist des § 18a Abs. 10 UStG ist für Zwecke der Anerkennung der Steuerbefreiung damit unbeachtlich.
Ohne Korrektur der ZM wird das Finanzamt also zunächst Umsatzsteuer für die innergemeinschaftliche Lieferung festsetzen. Wird eine richtige und vollständige ZM jedoch nachgereicht, ist die Steuerbefreiung bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen rückwirkend zu gewähren, sofern die Steuerfestsetzung änderbar ist.
Hinweis: Zu beachten ist jedoch, dass die rückwirkende Gewährung der Steuerbefreiung im Veranlagungsverfahren ein Bußgeldverfahren durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) nicht ausschließt (Abschn. 4.1.2 Abs. 3 Satz 10 UStAE n.F.).
Die neuen Grundsätze sind auf alle innergemeinschaftlichen Lieferungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 bewirkt werden.
Hinweis: Zu begrüßen ist die Klarstellung der Finanzverwaltung. Somit stehen dem Steuerpflichtigen nun innerhalb der Festsetzungsfrist Möglichkeiten zur Heilung von Fehlern und Fristversäumnissen im Zusammenhang mit der Abgabe der ZM zur Verfügung.
Steuerpflichtige sollten also weiterhin darauf achten, dass das Verbringen von Gegenständen korrekt abgewickelt wird. Hierfür ist vor allem an die rechtzeitige Registrierung für Umsatzsteuerzwecke im anderen Mitgliedstaat zu achten.
Was bedeutet das für Sie in der Praxis?
Zu beachten ist, dass die Erfassung der innergemeinschaftlichen Lieferung in der richtigen ZM Voraussetzung für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen ist. Die Erfassung in der Voranmeldung reicht für Zwecke der Steuerbefreiung allein nicht aus.
Neben der Abgabe der ZM ist also zu beachten, dass die Meldung in der ZM für die richtige Periode erfolgt. Eine Korrektur in laufender Rechnung ist also nicht ausreichend. Im Zweifel sind also sowohl die Voranmeldung als auch die ZM rückwirkend zu berichtigen.
Im Hinblick auf innergemeinschaftliche Verbringenstatbestände ist darauf zu achten, dass ggf. erforderliche Umsatzsteuer-Registrierungen in anderen Mitgliedstaaten angestrebt werden, um den nach Auffassung der Finanzverwaltung erforderlichen Meldepflichten auch insoweit nachkommen zu können.
Hinweis: Während bei innergemeinschaftlichen Lieferungen an andere Unternehmer der Kunde ggf. noch die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs hat (auch hier kann es insb. im Vorsteuervergütungsverfahren Beschränkungen geben), würde bei innergemeinschaftlichen Verbringenstatbeständen der Wegfall der Steuerbefreiung zu einer Definitivbelastung des Unternehmers führen. Wünschenswert wäre daher in diesem Zusammenhang gewesen, wenn das BMF die Gelegenheit genutzt hätte, auch die Fälle des innergemeinschaftlichen Verbringens aufzugreifen, da bislang die Steuerbefreiung auch hier davon abhängig ist, dass der Vorgang in dem anderen Mitgliedstaat der Erwerbsbesteuerung unterliegt und das Verbringen in der ZM zutreffend erklärt wird (Abschn. 6a.1 Abs. 21 Satz 3 UStAE). Hier wäre beispielsweise eine Positionierung der Finanzverwaltung, dass für Zwecke der Steuerbefreiung des innergemeinschaftlichen Verbringens entsprechend Art. 138 MwStSystRL keine Erfassung in der ZM erforderlich ist, zu begrüßen.