Der Sachverhalt:
Die Klägerinnen beteiligten sich im Oktober 1992 jeweils an der Beklagten, einer Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts. Nach § 8 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags (GV) der Beklagten können die Gesellschafter jederzeit mit 2/3 aller abgegebenen Stimmen die Liquidation der Gesellschaft beschließen. Zudem enthält § 9 Nr. 4 GV die Regelung, dass jeder Gesellschafter seine Beteiligung an der Gesellschaft mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres, erstmals zum 31.12.2013 ordentlich kündigen kann. § 9 Nr. 6 regelt dass durch die Kündigung, die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern zwischen den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird, wenn diese nicht binnen drei Monaten mir einer Mehrheit von 2/3 aller abgegebenen Stimmen etwas anderes beschließen. Der ausscheidende Gesellschafter erhält ein Abfindungsguthaben.
Die Klägerinnen erhoben Klage auf die Zahlung ihrer Abfindungen. Das LG gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten wies das OLG die Klage ab. Die dagegen eingelegte Revision hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Klägerinnen können keine Abfindungen beanspruchen, da ihre Kündigungen zum 31.12.2013 nicht mehr wirksam werden konnten, da die Gesellschaft bereits am 6.9.2013 durch Gesellschaftsbeschluss gem. § 8 Nr. 3 GV aufgelöst worden ist.
Die Liquidation der Beklagten ist gem. § 8 Nr. 3 GV wirksam beschlossen worden. Nach § 8 Nr. 3 GV können die Gesellschafter jederzeit mit 2/3 aller abgegebenen Stimmen die Liquidation der Gesellschaft beschließen. Die erforderliche Mehrheit ist bei der Abstimmung am 6.9.2013 erreicht worden. Der formalen Wirksamkeit des Liquidationsbeschlusses steht auch nicht die Regelung des § 9 Nr. 6 GV entgegen, nach der die Gesellschafter innerhalb von 3 Monaten nach einer Kündigung die Auflösung beschließen müssen. Der Ablauf der Dreimonatsfrist hindert die Fassung eines Liquidationsbeschlusses nach § 8 Nr. 3 GV nicht. § 9 Nr. 6 GV stellt keine speziellere Reglung dar, die vorrangig anzuwenden ist. Die Regelung schließt die Anwendung nicht aus und engt sie auch nicht ein. Beiden Bestimmungen unterscheiden sich durch den Kreis derer, die an der Abstimmung teilnehmen können.
Der am 6.9.2013 wirksam gefasste Auflösungsbeschluss hat bewirkt, dass die Kündigungen der Klägerinnen nicht mehr zu deren Ausscheiden aus der nunmehr in Liquidation befindlichen Gesellschaft geführt haben. Die Ausscheidenswirkung der Kündigung verliert i.d.R. ihren Geltungsgrund durch die mit einem Auflösungsbeschluss eintretende Änderung des Gesellschaftszwecks, welcher anstelle auf eine Fortführung der Unternehmung nun auf die Liquidation der Gesellschaft und die anteilsgemäße Beteiligung der Gesellschafter am Liquidationserlös gerichtet ist.
Ein Austritt im Abwicklungsstadium der Gesellschaft ist weder gesetzlich vorgesehen noch ist er geeignet, für den ausscheidenden Gesellschafter andere Rechtsfolgen auszulösen, als die bei einer Auflösung einer Gesellschaft ohnehin eintreten. Dies gilt auch grundsätzlich für den hier vorliegenden Fall des Zusammentreffens einer Ausscheidenskündigung mit einem während der Kündigungsfrist gefassten und wirksam gewordenen Auflösungsbeschluss. Der Liquidationszweck und die in § 738 Abs. 1 S. 2 BGB geregelte Anbindung des Abfindungsanspruchs schließen jedenfalls bei einer Publikumsgesellschaft das Ausscheiden eine kündigenden Gesellschafters und seine gesonderte Abfindung grundsätzlich aus, sofern dem Gesellschaftervertrag nichts anderes entnommen werden kann.
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