Der Sachverhalt:
Der Kläger und sein Bruder sind die Söhne der Erblasserin. Nach ihrem Tod im April 2012 stritten die beiden Brüder gerichtlich um das Erbe. Aufgrund des Rechtsstreits sind dem Kläger Gerichts- und Rechtsanwaltskosten i.H.v. 15.014 € entstanden. Das Finanzamt setzte zuletzt mit Änderungsbescheid vom 2.5.2014 Erbschaftsteuer i.H.v. 113.350 € für den Erwerb des Klägers von Todes wegen fest. Im Einspruchsverfahren beantragte der Kläger die Berücksichtigung der Kosten des Rechtsstreits mit seinem Bruder als Nachlassverbindlichkeiten gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG, was das Finanzamt jedoch ablehnte.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Mit der Revision machte das Finanzamt geltend, § 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG stehe einer Berücksichtigung vergeblicher Rechtsverfolgungskosten als Nachlassverbindlichkeiten entgegen. In der mündlichen Verhandlung vor dem BFH hat der Behördenvertreter eine Kopie der ihm zugestellten beglaubigten Abschrift des finanzgerichtlichen Urteils überreicht und gerügt, die letzte Seite der Abschrift enthalte die Namen lediglich zweier Richter. Die Zustellung sei daher unwirksam.
Der BFH hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.
Gründe:
Die Vorentscheidung war dem Finanzamt nicht wirksam zugestellt worden.
Gem. § 104 Abs. 2 FGO kann die Bekanntgabe eines Urteils an die Beteiligten - statt durch Verkündung - durch Zustellung erfolgen. Für die Zustellung von Urteilen im finanzgerichtlichen Verfahren gilt § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 317 der ZPO. Danach (in der seit dem 1.7.2014 geltenden Fassung des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013) werden Urteile den Beteiligten von Amts wegen grundsätzlich in Abschrift zugestellt. Die Abschrift ist von der Geschäftsstelle gemäß § 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu beglaubigen. Ausfertigungen eines Urteils werden gem. § 317 Abs. 2 Sätze 1 und 3 Halbsatz 1 ZPO nur noch auf Antrag und regelmäßig ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe erteilt. Der Beginn von Rechtsmittelfristen setzt nicht mehr die Zustellung einer Ausfertigung, sondern die Übermittlung einer beglaubigten Abschrift als Regelform der Urteilszustellung voraus.
Eine Urteilsausfertigung muss die Urschrift wortgetreu und richtig wiedergeben. Hierzu gehört, dass sie erkennen lässt, ob das Urteil überhaupt von Richtern unterzeichnet worden ist, und wenn ja, welche Richter es unterschrieben haben. Die Unterzeichnung des Urteils wird durch die maschinenschriftliche Wiedergabe der Namen der Richter unter dem Urteil kenntlich gemacht. Kann einer Ausfertigung nicht entnommen werden, ob die erkennenden Richter das Urteil unterschrieben haben, ist nicht gewährleistet, dass die Ausfertigung das Urteil so wiedergibt, wie es tatsächlich gefällt worden ist. Diese Unklarheit führt zur Unwirksamkeit der Zustellung. Sie wird auch nicht dadurch geheilt, dass der Empfänger die Gelegenheit erhält, sich von der Vollständigkeit der Urschrift und dem Gleichlaut von Urteil und Ausfertigung zu überzeugen. Zwar ist diese Rechtsprechung zu der vor dem 1.7.2014 geltenden Rechtslage ergangen, sie findet aber weiter Anwendung. Für die Zustellung von Urteilsausfertigungen kann nichts anderes als für die Zustellung beglaubigter Abschriften des Urteils nach neuem Recht gelten.
Das FG hatte im vorliegenden Fall in der mündlichen Verhandlung beschlossen, seine Entscheidung nicht zu verkünden, sondern den Beteiligten durch Zustellung bekannt zu geben. Entsprechend fertigte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle eine beglaubigte Abschrift des Urteils an und stellte sie dem Finanzamt per Computerfax zu. Obwohl die Urschrift des Urteils danach von sämtlichen Berufsrichtern unterzeichnet worden war, enthält die dem BFH vom Finanzamt vorgelegte Urteilsabschrift lediglich die Unterschriften zweier Richter. Deren Namen sind unter dem Urteilstext in Schreibmaschinenschrift wiedergegeben. Der Name des dritten Berufsrichters in der Mitte der Seite fehlt. Der Abschrift lässt sich nicht entnehmen, ob auch der dritte Berufsrichter die Urschrift unterschrieben hat. Dies führt zur Unwirksamkeit der Zustellung und hindert das Wirksamwerden der Entscheidung. Zur Beseitigung des Rechtsscheins der Wirksamkeit war das Urteil daher aufzuheben.
Eine Urteilsausfertigung muss die Urschrift wortgetreu und richtig wiedergeben. Hierzu gehört, dass sie erkennen lässt, ob das Urteil überhaupt von Richtern unterzeichnet worden ist, und wenn ja, welche Richter es unterschrieben haben. Kann der beglaubigten Abschrift eines Urteils nicht entnommen werden, ob die erkennenden Richter die Urschrift des Urteils unterschrieben haben, ist die Urteilszustellung unwirksam.