Der Sachverhalt:
Der Antragsteller hatte im März 2006 mit der bereits verstorbenen A. einen notariellen Vertrag über die Übertragung eines Grundstücks abgeschlossen. Unter § 2 Kaufpreis hieß es: "Der Kaufpreis beträgt 200.000 €. Der Kaufpreis wird wie folgt belegt:
2. [Der Antragsteller] verzichtet gegenüber [der Zuwendenden] auf sämtliche Kostenerstattungsansprüche aus den bisher für [die Zuwendende] geführten Mandaten i.H.v. 5.000 €.
3. [Der Antragsteller] übernimmt auf die gesamte Lebenszeit [der Zuwendenden] unentgeltlich deren Beratung in geschäftlichen und rechtlichen Angelegenheiten einschließlich Testamentsvollstreckung im Wert von geschätzten 10.000 €.
4. [Der Antragsteller] zahlt an [die Zuwendende] einen Betrag i.H.v. 35.000 € fällig am 30.6.2006.
5. [Die Zuwendende] bleibt bis zu ihrem Ableben Eigentümerin. (...) Wirtschaftlich wird der Zeitraum von Abschluss dieses Vertrages bis zum Ableben [der Zuwendenden] entsprechend einem Nießbrauchsrecht bewertet. Die Beteiligten geben den Wert dieser Regelung mit 121.000 € an."
Unter § 7 Auflassung heißt es: "Die Beurkundung der Auflassung erfolgt nach dem Ableben der Verkäuferin."
Im Oktober 2015 schlossen die Vertragsparteien einen weiteren notariellen Vertrag. Darin erklärten sie abweichend die Auflassung wie folgt: "Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass abweichend von den Regelungen im Kaufvertrag vom 6.3.2006, Urkunde, das Eigentum an dem [Grundstück] von [der Zuwendenden] auf [den Antragsteller] übergehen soll und bewilligen und beantragen bereits jetzt die Eigentumsumschreibung im Grundbuch." Weiter heißt es unter Nr. 4 des Vertrages: "Die Vertragsparteien haben in dem genannten Kaufvertrag eine Regelung getroffen, die der einer Nießbrauchsrechtsbestellung sehr nahe kommt, so jedoch ausdrücklich nicht bezeichnet wurde. Abweichend davon vereinbaren die Vertragsparteien nunmehr das nahestehende Nießbrauchsrecht zu Gunsten [der Zuwendenden]."
Entgegen der Ansicht des Antragstellers vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Übertragung des Grundstücks eine gemischt freigebige Zuwendung an den Antragsteller zum 29.1ß.2015 darstelle. Das FG hat die Vollziehung des Schenkungsteuerbescheides i.H.v. 3.660 € ausgesetzt. Allerdings wurde die Beschwerde zugelassen.
Die Gründe:
Nach den im Rahmen des summarischen Verfahrens zu treffenden Beurteilungen sind dem Senat ernstliche Zweifel verblieben, ob der Wert der Bereicherung vom Finanzamt zutreffend ermittelt wurde. Insbesondere erscheint es dem Senat fraglich, ob bei der Ermittlung der Teilentgeltlichkeit der gemischt-freigebigen Zuwendung - wie vom Finanzamt vorgenommen - die Nießbrauchslast nach § 14 Abs. 2 BewG zu begrenzen ist.
Nach der ständigen BFH-Rechtsprechung zur Rechtslage vor der Erbschaftsteuerreform 2009 war in den Fällen der gemischt-freigebigen Zuwendung der Wert der steuerlichen Bereicherung aus dem (nach den Verkehrswerten ermittelten) Vermögenszuwachs im Wege der Verhältnisrechnung abzuleiten, wobei zwischen Leistungsauflagen und Nutzungs- oder Duldungsauflagen differenziert wurde. Bei dieser zivilrechtlichen Vorprüfung, ob und in welchem Umfang eine Bereicherung vorliegt, war die Regelung zur Bestimmung des Steuerwertes nach § 14 Abs. 2 BewG nicht einzubeziehen. Die Verwaltung hatte sich der Auffassung des BFH angeschlossen und dessen Rechtsprechungsgrundsätze entsprechend umgesetzt (R 17 der Erbschaftsteuerrichtlinien - ErbStR - 2003, einschließlich der diesbezüglich ergangenen Hinweise durch gleichlautende Ländererlasse vom 17.3.2003 - H 17 -).
In den Fällen der gemischten Schenkung, die unter die Rechtlage nach der Erbschaftsteuerreform 2009 fallen, sieht die Verwaltung nunmehr von dieser gesonderten Verkehrswert-Berechnung ab (R E 7.4 ErbStR 2011 vom 19.12.2011, BStBl I Sondernummer 1/2011). Die finanzgerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum haben sich - zumindest teilweise - dieser Auffassung angeschlossen. Zur Begründung wird angeführt, dass aufgrund der verfassungsgerichtlich geforderten verkehrswertorientierten Bewertung eine solche Verhältnisrechnung nicht mehr erforderlich sei. Zudem hat der BFH mit Urteil vom 9.4.2014 (Az.: II R 48/12) entschieden, dass die Begrenzung des Jahreswerts von Nutzungen nach § 16 BewG auch nach Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes anwendbar ist, wenn der Nutzungswert bei der Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer vom gesondert festgestellten Grundbesitzwert abgezogen wird.
Der nunmehr geltenden Verwaltungsauffassung hat sich das Finanzamt im Streitfall angeschlossen. Der Senat erachtet die Rechtmäßigkeit der vom Finanzamt vorgenommenen Ermittlung der Bereicherung unter Anwendung des § 14 Abs. 2 BewG auf den Grundstückswert als ernstlich zweifelhaft. Insoweit wird auch auf die den Beteiligten bereits zur Kenntnis gegebenen Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom 26.10.2017 (Az.: 1 V 1165/17) Bezug genommen. Der Senat hält auch im vorliegenden summarischen Verfahren an der bisherigen Verhältnisrechnung fest.
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