Der Sachverhalt:
Der beklagte Notar hatte am 14.10.2006 einen Vertrag beurkundet, durch den der Kläger von der M-GmbH & Co KG eine Eigentumswohnung zum Preis von 107.590 € kaufte. Vom Inhalt des Vertrags erhielt der Kläger erstmals im Beurkundungstermin Kenntnis. Im Vertrag hieß es u.a.:
Außerdem waren die beiden Parteien bis zum 20.11.2006 zum Rücktritt berechtigt.
Am 11.11.2006 besichtigte der Kläger erstmals die streitgegenständliche Wohnung und befand sie schriftlich für ordnungsgemäß. In der Folgezeit zahlte der Kläger den Kaufpreis und wurde im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Später nahm er den Beklagten wegen Verletzung seiner Amtspflichten auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 107.590 € Zug um Zug gegen lastenfreie Übertragung des Eigentums an der gekauften Wohnung in Anspruch. Der Beklagte sei ohne ausreichenden Grund von den nicht zur Disposition der Urkundsbeteiligten stehenden Vorgaben des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG abgewichen. Bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten hätte er die Wohnung nicht gekauft.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Der Kläger habe genügend Zeit gehabt, die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile des Kaufs zu überprüfen oder überprüfen zu lassen und die zum Zeitpunkt der Beurkundung noch nicht geklärte Finanzierung zu regeln. In die Gefahr einer unüberlegten Entscheidung habe der Beklagte den Kläger damit gerade nicht gebracht. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Gründe:
Nach § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG in der bis zum 30.9.2013 geltenden und für die streitgegenständliche Beurkundung maßgeblichen Fassung soll der Notar bei Verbraucherverträgen darauf hinwirken, dass der Verbraucher ausreichend Gelegenheit erhält, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen; bei Verbraucherverträgen, die der Beurkundungspflicht nach § 311b Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 BGB unterliegen, geschieht dies in der Regel dadurch, dass dem Verbraucher der beabsichtigte Text des Rechtsgeschäfts zwei Wochen vor der Beurkundung zur Verfügung gestellt wird.
Diese Vorgaben hatte der Beklagte nicht eingehalten. Ein rechtfertigender Anlass, bereits am 14.10.2006 die Beurkundung vorzunehmen, bestand nicht. Auch die Vereinbarung eines freien Rücktrittsrechts in einem notariellen Kaufvertrag rechtfertigt es nicht, dass der Notar die Beurkundung ohne Einhaltung der Regelfrist von zwei Wochen nach § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG vornimmt. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ist der Zweck des Gesetzes, den Verbraucher vor unüberlegtem Handeln zu schützen, regelmäßig erreicht, wenn er nach Mitteilung des Textes des beabsichtigten Rechtsgeschäfts eine Überlegungsfrist von zwei Wochen hat. Diese Frist ist als Regelfrist ausgestaltet; sie kann im Einzelfall unterschritten werden, in besonderen Fällen kann aber auch ein Überschreiten dieser Frist geboten sein. Durch diese flexible Ausgestaltung kann und soll zwar (auch) vermieden wer-den, dass sich die Zwei-Wochen-Frist als unnötige "Beurkundungssperre" auswirkt. Andererseits darf der Gedanke des Verbraucherschutzes nicht in den Hintergrund treten.
Im vorliegenden Fall hatte nach den Feststellungen der Vorinstanzen vor der Beurkundung keine hinreichende Auseinandersetzung des Klägers mit dem Kaufvertrag stattgefunden. Der Beklagte hätte deshalb die Beurkundung nicht durchführen dürfen. Entgegen der Auffassung des OLG lag kein sachlicher Grund für eine Abweichung von den Vorgaben des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG vor. Nimmt der Notar die Beurkundung trotzdem vor, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Käufer, wenn der Notar die Beurkundung abgelehnt hätte, diese nach Ablauf der Regelfrist genauso wie geschehen hätte vornehmen lassen.
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