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Steuerberatung

Die eRechung kommt - wie erfolgt die Umsetzung in der Praxis?

Die elek­tro­ni­sche Rech­nung kommt – und zwar be­reits ab dem 01.01.2025. Die Rechts­grund­la­gen hierfür wur­den mit dem Wachs­tums­chan­cen­ge­setz ge­schaf­fen. Viel Zeit zur Um­set­zung bleibt nicht mehr, denn ab die­sem Da­tum muss je­der Un­ter­neh­mer für im In­land steu­er­bare Umsätze im B2B-Be­reich in der Lage sein, eRech­nun­gen zu emp­fan­gen und zu ver­ar­bei­ten. Der Hand­lungs­be­darf ist also groß. Was kon­kret zu tun ist, be­spre­chen wir mit Ro­bert Ba­ckes, Steu­er­be­ra­ter, Um­satz­steu­er­ex­perte und Part­ner bei RSM Eb­ner Stolz in Köln, und Mar­tin Da­niel Rieg, Steu­er­be­ra­ter und Di­rec­tor bei RSM Eb­ner Stolz in Stutt­gart.

Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurden die Vorgaben für die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung in Deutschland intensiv diskutiert und mehrfach geändert. Welche Regelungen wurden denn nun tatsächlich eingeführt?

Ro­bert Ba­ckes: Ab dem 01.01.2025 ist die elek­tro­ni­sche Rech­nung für im In­land steu­er­bare Umsätze zwi­schen inländi­schen Un­ter­neh­mern (B2B) ver­pflich­tend. Das be­deu­tet, dass je­der Un­ter­neh­mer ab 2025 in der Lage sein muss, eRech­nun­gen zu emp­fan­gen und zu ver­ar­bei­ten.

© Robert Backes, Martin Rieg

Für die ak­tive Ver­wen­dung der eRech­nung be­ste­hen zeit­li­che Überg­angs­re­ge­lun­gen bis ein­schließlich 31.12.2026 und für Un­ter­neh­mer mit einem Ge­samt­um­satz von bis zu 800.000 Euro so­gar bis Ende 2027. Aus­nahme für Klein­un­ter­neh­mer gibt es aber nicht. Al­ler­dings dürfen für Klein­be­trags­rech­nun­gen und Fahr­aus­weise wei­ter­hin an­dere Rech­nungs­for­mate oder Pa­pier­rech­nun­gen ver­wen­det wer­den.

Sind denn die Verbraucher bzw. Privatkunden in irgendeiner Weise von der eRechnungspflicht betroffen?

Ro­bert Ba­ckes: Nein, die Pflicht zum Emp­fang und zur Ver­ar­bei­tung von eRech­nun­gen be­trifft aus­schließlich Un­ter­neh­mer.

Ist die elektronische Rechnungsstellung im B2B-Bereich wirklich für alle Unternehmer und alle Umsätze verpflichtend?

Ro­bert Ba­ckes: Grundsätz­lich ja, und zwar für alle im In­land steu­er­ba­ren Umsätze zwi­schen inländi­schen Un­ter­neh­mern. Be­trof­fen sind also Un­ter­neh­mer, die ih­ren Sitz, ihre Ge­schäfts­lei­tung, eine Be­triebsstätte, die an dem Um­satz be­tei­ligt ist, oder ih­ren Wohn­sitz oder gewöhn­li­chen Auf­ent­halt im In­land ha­ben. Eine reine um­satz­steu­er­li­che Re­gis­trie­rung ei­nes ausländi­schen Un­ter­neh­mers in Deutsch­land ohne gleich­zei­tige Ansässig­keit führt da­ge­gen nicht zur eRech­nungs­pflicht.

Was ist technisch unter einer elektronischen Rechnung bzw. eRechnung nach den neuen Vorgaben zu verstehen?

Mar­tin Rieg: Eine eRech­nung ist eine Rech­nung, die in einem struk­tu­rier­ten elek­tro­ni­schen For­mat aus­ge­stellt, über­mit­telt und emp­fan­gen wird und eine elek­tro­ni­sche Ver­ar­bei­tung ermöglicht. Das be­deu­tet, die eRech­nung be­steht aus einem (XML-)Da­ten­satz, der für das mensch­li­che Auge nicht les­bar ist. Per Mail oder Rech­nung­spor­tale ver­sen­dete Rech­nun­gen im PDF-For­mat sind dem­ge­genüber keine eRech­nun­gen. Wich­tig ist, dass die eRech­nung den Vor­ga­ben der CEN-Norm EN 16931 ent­spre­chen muss. Auf die­sem Stan­dard ba­sie­ren auch schon die im B2G-Be­reich (Busi­ness-to-Go­vern­ment) eta­blier­ten Rech­nungs­for­mate ZUG­FeRD und XRech­nung.

Die Fi­nanz­ver­wal­tung hat be­reits in einem an die Wirt­schafts­verbände ge­rich­te­ten Schrei­ben klar­ge­stellt, dass XRech­nun­gen und Rech­nun­gen im ZUG­FeRD-For­mat (al­ler­dings erst ab Ver­sion 2.0.1) grundsätz­lich den An­for­de­run­gen an eine eRech­nung genügen.

Also erfüllen bereits zwei etablierte Formate die neuen Anforderungen. Ist schon eine Einschätzung möglich, welches Format sich für die tägliche Praxis besser eignet?

Mar­tin Rieg: Der Ein­satz von ZUG­FeRD kann sich des­halb an­bie­ten, weil hier ne­ben dem er­for­der­li­chen XML-Da­ten­satz auch ein ohne Kon­ver­tie­rungs­soft­ware les­ba­rer Bild­teil der Rech­nung im PDF-For­mat ge­ne­riert wird. Nach­tei­lig an ZUG­FeRD ist al­ler­dings, dass ggf. keine Über­mitt­lung über be­stimmte Schnitt­stel­len, etwa beim Ein­satz des sog. Pep­pol-Netz­wer­kes, EDI, möglich ist. Dem­ge­genüber be­steht die XRech­nung aus einem rei­nen Da­ten­satz.

Ne­ben den in Deutsch­land be­reits gebräuch­li­chen For­ma­ten xRech­nung und ZUG­FeRD können auch For­mate ver­wen­det wer­den, die be­reits aus an­de­ren Staa­ten be­kannt sind wie, z. B. Fat­turaPA (Ita­lien) oder Fac­tur-X (Frank­reich).

Die Nutzung bekannter Formate könnte einigen Unternehmen die Umstellung erleichtern. Wird denn auch das elektronische Datenaustauschverfahren, kurz EDI-Verfahren, künftig weiterhin eine Rolle spielen?

Ro­bert Ba­ckes: Der Ge­setz­ge­ber hat sich für eine tech­no­lo­gie­of­fene Aus­ge­stal­tung der eRech­nungs­pflicht ent­schie­den. Das be­deu­tet, dass alle Rech­nungs­for­mate, die der Norm EN 16931 ent­spre­chen, zulässig sind. Ab­wei­chend da­von kann das struk­tu­rierte elek­tro­ni­sche For­mat un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen auch zwi­schen Rech­nungs­aus­stel­ler und Rech­nungs­empfänger ver­ein­bart wer­den und von den Vor­ga­ben der Norm EN 16931 ab­wei­chen. Das setzt aber vor­aus, dass die Rech­nungs­pflicht­an­ga­ben rich­tig und vollständig in ein kom­pa­ti­bles For­mat ex­tra­hiert wer­den können, das der CEN-Norm ent­spricht und mit die­sem in­ter­ope­ra­bel ist. Da­mit wird auch die Wei­ter­nut­zung von EDI-Ver­fah­ren wie EDI­FACT grundsätz­lich ermöglicht, wenn Leis­ten­der und Leis­tungs­empfänger dies ver­ein­ba­ren. Für die Wei­ter­nut­zung spricht auch, dass EDI-Nut­zer ein Jahr länger Zeit ha­ben, sich auf die neuen Re­ge­lun­gen vor­be­rei­ten, nämlich bis Ende 2027.

Insb. für die Rechnungseingangsseite, also für den Empfang von eRechnungen, bleibt Unternehmern nicht mehr viel Vorlaufzeit. Was ist hier bis zum 01.01.2025 auf jeden Fall zu veranlassen?

Ro­bert Ba­ckes: Ab 2025 können Un­ter­neh­men be­gin­nen, eRech­nun­gen zu ver­sen­den. Die Ent­schei­dung liegt grundsätz­lich al­lein in der Hand des Aus­stel­lers. Das Ein­verständ­nis des Empfängers ist da­bei nicht not­wen­dig, und es gibt auch kein Wahl­recht für die Aus­stel­lung ei­ner Pa­pier- oder PDF-Rech­nung. Die Fi­nanz­ver­wal­tung ver­tritt hierzu die Mei­nung, dass kein An­recht auf eine al­ter­na­tive Rech­nungs­stel­lung be­steht, wenn ein Leis­tungs­empfänger die An­nahme ei­ner eRech­nung ver­wei­gert oder dazu tech­ni­sch nicht in der Lage ist. Dies hat zur Folge, dass der Vor­steu­er­ab­zug gefähr­det sein könnte. Je­der Un­ter­neh­mer muss des­halb in der Lage sein, eRech­nun­gen zu emp­fan­gen. Der ein­fachste Weg, die Emp­fangs­be­reit­schaft si­cher­zu­stel­len, ist die Ein­rich­tung ei­nes Mail­post­fachs, das ein­ge­hende XML-Da­teien emp­fan­gen, vi­sua­li­sie­ren und wei­ter­ver­ar­bei­ten kann.

Un­ter­neh­men soll­ten in Be­tracht zie­hen, das eRech­nungs­pro­jekt im Gan­zen an­zu­ge­hen, an­statt die reine Emp­fangs­be­reit­schaft ge­trennt von der Über­mitt­lungsfähig­keit zu be­trach­ten. Da­bei sollte auch geprüft wer­den, ob eine wei­ter­ge­hende Op­ti­mie­rung der Rech­nungs- und Frei­ga­be­pro­zesse möglich und sinn­voll ist.

Wenn Unternehmen diesem Rat folgend auch gleich aktiv die ausgangsseitige Verwendung von eRechnungen in Angriff nehmen, wie sollten sie ein solches umfassendes Projekt angehen?

Mar­tin Rieg: Nach un­se­rer Er­fah­rung aus den letz­ten Mo­na­ten ist die Um­set­zung auf der Aus­gangs­seite kom­ple­xer, denn oft­mals gibt es Son­derfälle und ge­wach­sene Pro­zesse, die nicht eRech­nungs-kom­pa­ti­bel sind. Je früher man sich dem Thema wid­met, desto früher kann man sich auf­kom­men­den Hürden wid­men.

Zunächst sollte man sich einen Über­blick darüber ver­schaf­fen, wo im Un­ter­neh­men rech­nungs­re­le­vante Pro­zesse auf der Ein- und Aus­gangs­seite statt­fin­den und wel­che Sys­teme bis­her zum Ein­satz kom­men. Da­bei sollte ein­ge­grenzt wer­den, wel­che Rech­nungs­ty­pen ver­wen­det wer­den und wel­che Son­derfälle, wie bspw. Gut­schrif­ten, An­zah­lun­gen, Dau­er­rech­nun­gen, Verträge etc., zu be­ach­ten sind. Da­bei ist wich­tig zu wis­sen, wel­che Mo­dule und Sys­teme bis­her be­reits zum Ein­satz kom­men und zu klären, wel­che Möglich­kei­ten diese schon bie­ten. Auf Ba­sis die­ser Be­stands­auf­nahme kann der An­for­de­rungs­be­darf fest­ge­stellt und können Lösungs­wege ge­fun­den wer­den.

Das heißt also, dass die Umstellung auf die elektronische Rechnungsstellung kein alleiniges Steuer- oder Rechnungswesenprojekt ist?

Mar­tin Rieg: Nein, auf kei­nen Fall. Es ist we­der ein rei­nes Rech­nungs­we­sen- noch ein rei­nes IT-Pro­jekt. Die An­for­de­run­gen an die eRech­nung sind zwar im Um­satz­steu­er­ge­setz ge­re­gelt, je­doch ist für die Um­set­zung ne­ben einem umfäng­li­chen Um­satz­steu­er­verständ­nis auch die Kennt­nis der Fak­tura- bzw. ERP-Sys­teme ge­fragt.

In eine eRech­nung fließen ver­schie­dene um­satz­steu­er­lich re­le­vante In­for­ma­tio­nen ein, so­wohl Stamm­da­ten als auch trans­ak­tio­nale In­for­ma­tio­nen; da­her muss die eRech­nung pro­zes­sual in die Sys­tem­land­schaft ein­gefügt wer­den. Spätes­tens hier wird klar, dass es sich um ein Schnitt­stel­len­pro­jekt zwi­schen Steuer-/Rech­nungs­we­sen und IT han­delt.

Bei Schnittstellenprojekten wird meist eine Vielzahl unterschiedlicher Ressourcen aus verschiedenen Bereichen benötigt. Wie kann denn der erforderliche Ressourcenaufwand am besten abgeschätzt werden?

Ro­bert Ba­ckes: Der Auf­wand für die Um­stel­lung auf elek­tro­ni­sche Rech­nungs­pro­zesse hängt stark vom bis­he­ri­gen Di­gi­ta­li­sie­rungs­grad ab. So sind nach un­se­rer Er­fah­rung die Un­ter­neh­men sehr un­ter­schied­lich auf­ge­stellt.

Für man­che ist die Um­stel­lung nur ein Klick, für an­dere be­deu­tet sie eine Neu­ein­rich­tung von Pro­zes­sen und Sys­te­men. Des­halb ist zunächst die Ana­lyse der Rech­nungs­pro­zesse er­for­der­lich, um ab­zu­schätzen, wel­che tech­ni­schen und per­so­nel­len Res­sour­cen not­wen­dig sind. Wir ar­bei­ten hierfür mit un­se­rem RSM Eb­ner Stolz eRech­nung Rea­di­ness Check, der eine schnelle Erstein­schätzung des in­di­vi­du­el­len Hand­lungs­be­darfs auf Ba­sis des Ist-Zu­stands der Rech­nungs­pro­zesse und der ein­ge­setz­ten Sys­teme ermöglicht. Auf diese Weise iden­ti­fi­zie­ren wir die Hand­lungs­fel­der und ge­ben den Un­ter­neh­men einen Fahr­plan an die Hand, wel­che Um­set­zungs­schritte er­for­der­lich sind und wel­che Schritte bei dem Um­stel­lungs­pro­jekt prio­ri­siert wer­den soll­ten.

Das hört sich nach einem Mammut-Projekt an. Damit dürfte nun also höchste Zeit sein, die Umstellung anzustoßen.

Ro­bert Ba­ckes: In der Tat han­delt es sich um ein großes Pro­jekt, das nicht un­ter­schätzt wer­den darf. Da­her sollte man den Pro­jekt­start nicht hin­auszögern.

Bei der Um­stel­lung sollte außer­dem schon berück­sich­tigt wer­den, wel­che Ver­pflich­tun­gen zur elek­tro­ni­schen Rech­nungs­stel­lung im Aus­land auf das ei­gene Un­ter­neh­men zu­kom­men können, so dass auch dies bei dem Pro­jekt berück­sich­tigt wer­den kann. Das glei­che gilt für die Be­hand­lung von grenzüber­schrei­ten­den Trans­ak­tio­nen durch die ViDA-In­itia­tive der EU-Kom­mis­sion.

Ins­ge­samt bie­tet sich das eRech­nung-Pro­jekt auch an, ge­ne­rell Pro­zesse zu mo­der­ni­sie­ren und zu di­gi­ta­li­sie­ren. Zu­dem können Po­ten­tiale zur Be­schleu­ni­gung und Ef­fi­zi­enz­stei­ge­rung ge­nutzt wer­den.

Vielen Dank Robert und Martin für dieses informative Gespräch! Wer mehr zur verpflichtenden eRechnung erfahren möchte, kann gerne in unseren Podcast RSM Ebner Stolz Mittelstandstalk reinhören.

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