deen

Steuerberatung

Niedrigerer gemeiner Wert bei Bewertung des Grundvermögens für Grundsteuer ab 01.01.2025

Als Re­ak­tion auf Be­schlüsse des BFH ermögli­chen die obers­ten Fi­nanz­behörden der Länder ent­ge­gen den ge­setz­li­chen Vor­ga­ben nach dem sog. Bun­des­mo­dell den An­satz ei­nes nied­ri­ge­ren ge­mei­nen Werts bei der Fest­stel­lung des Grund­steu­er­werts.

Zweifel des BFH an der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Übermaßverbots

In­folge des Ur­teils des BVerfG vom 10.04.2018 (Az. 1 BvL 11/14 u. a.) war eine Neu­re­ge­lung der Be­wer­tung von Grund­be­sitz für Zwecke der Grund­steuer auf den 01.01.2022 er­for­der­lich. Dem kam der Ge­setz­ge­ber mit den neuen Re­ge­lun­gen in §§ 218 ff. BewG nach, wo­bei die­ses sog. Bun­des­mo­dell nicht von al­len Bun­desländern an­ge­wen­det wird. Dem Bun­des­mo­dell liegt die Grund­ent­schei­dung zu­grunde, dass eine am Sol­ler­trag ori­en­tierte pau­scha­lierte Wert­er­mitt­lung vor­ge­nom­men wer­den soll.

© unsplash

Dazu führt der BFH ein­gangs in zwei Be­schlüssen vom 27.05.2024 (Az. II B 78/23 (AdV), DStR 2024, S. 1355, so­wie Az. II B 79/23 (AdV)) aus, dass der Ge­setz­ge­ber grundsätz­lich einen wei­ten Ent­schei­dungs­spiel­raum bei den Re­ge­lun­gen zur Neu­be­wer­tung von Grund­be­sitz ge­habt habe.

Hin­weis: Ausführ­li­che In­for­ma­tio­nen zu den BFH-Be­schlüssen fin­den Sie hier.

Eine dem ver­fas­sungs­recht­lich ge­schütz­ten Verhält­nismäßig­keits­grund­satz und dem dar­aus fol­gen­den Übermaßge­bot be­ach­tende Be­steue­rung werde grundsätz­lich gewähr­leis­tet - so der BFH wei­ter -, wenn sich eine sol­che Be­wer­tung am ge­mei­nen Wert ori­en­tiere und der Sol­ler­trag mit­tels ei­ner ver­kehrs­wer­tori­en­tier­ten Be­mes­sungs­grund­lage be­stimmt werde. Er­gebe sich im Ein­zel­fall eine Ab­wei­chung des nach den Be­wer­tungs­vor­ga­ben er­mit­tel­ten Werts vom ge­mei­nen Wert, sei dies in der Re­gel hin­zu­neh­men.

Das Übermaßver­bot könne je­doch dann ver­letzt sein, wenn der er­mit­telte Wert er­heb­lich höher sei als ein nach­ge­wie­se­ner nied­ri­ge­rer ge­mei­ner Wert. Im Zu­sam­men­hang mit der Be­wer­tung ei­nes Be­triebs der Land- und Forst­wirt­schaft ging der BFH da­von bei einem Über­stei­gen des ge­mei­nen Werts um 40 % oder mehr aus (BFH-Ur­teil vom 16.11.2022, Az. II R 39/20).

Da eine ab­wei­chende Wert­fest­stel­lung des Grund­steu­er­werts mit einem nied­ri­ge­ren ge­mei­nen Wert nicht vor­ge­se­hen ist (vgl. § 220 Satz 2 BewG) und in den Streitfällen nicht aus­zu­schließen sei, dass der Nach­weis ei­nes deut­lich nied­ri­ge­ren Werts ge­lin­gen könnte, be­ste­hen laut BFH ernst­li­che Zwei­fel an der Rechtmäßig­keit des Fest­stel­lungs­be­scheids, wes­we­gen AdV gewährt wurde.

Reaktion der Finanzverwaltung

Hier­auf rea­gier­ten nun die obers­ten Fi­nanz­behörden der Länder mit ko­or­di­nier­ten Er­las­sen vom 24.06.2024 und ermögli­chen den An­satz ei­nes nied­ri­ge­ren ge­mei­nen Werts, wenn der nach den §§ 218 ff. BewG er­mit­telte Grund­steu­er­wert den nach­ge­wie­se­nen ge­mei­nen Wert un­ter Berück­sich­ti­gung der Wert­verhält­nisse zum Haupt­fest­stel­lungs­zeit­punkt um min­des­tens 40 % über­steigt.

Den Steu­er­pflich­ti­gen trifft da­bei die Nach­weis­last für einen ge­rin­ge­ren ge­mei­nen Wert. Der Nach­weis kann re­gelmäßig durch ein Gut­ach­ten des zuständi­gen Gut­ach­ter­aus­schus­ses oder von ei­ner als Sach­verständi­ger oder Gut­ach­ter für die Wert­er­mitt­lung von Grundstücken be­stell­ten oder zer­ti­fi­zier­ten Per­son er­bracht wer­den. Zu­dem kann als Nach­weis ein in­ner­halb ei­nes Jah­res vor oder nach dem Haupt­fest­fest­stel­lungs­zeit­punkt zu­stande ge­kom­me­ner Kauf­preis die­nen.

Hin­weis: Die Grundsätze sind in al­len of­fe­nen Fällen an­zu­wen­den. So­fern ein um min­des­tens 40 % nied­ri­ge­rer ge­mei­ner Wert nach­ge­wie­sen wird und die Fest­stel­lung des Grund­steu­er­werts be­standskräftig und nicht mehr änder­bar ist, ist zu prüfen, ob die Vor­aus­set­zun­gen für eine feh­ler­be­sei­ti­gende Wert­fort­schrei­bung vor­lie­gen. Schließlich soll auch Anträgen auf Aus­set­zung der Voll­zie­hung von Fest­stel­lungs­be­schei­den ent­spro­chen wer­den, wenn und so­weit schlüssig dar­ge­legt wird, dass der Grund­steu­er­wert den Ver­kehrs­wert um min­des­tens 40 % über­steigt. Ein Ver­kehrs­wert­gut­ach­ten muss zu die­sem Zeit­punkt noch nicht vor­ge­legt wer­den.

nach oben