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„Plastiksteuer“: Neue Herausforderung für Unternehmen?

Am 01.01.2021 ist auf Ebene der EU die sog. Plas­tik­steuer in Kraft ge­tre­ten. Mit­glied­staa­ten müssen seit­dem mo­nat­lich eine Ab­gabe auf nicht re­cy­celte Ver­pa­ckungs­abfälle an die EU ent­rich­ten. Auch wenn die Ab­gabe da­mit im ers­ten Schritt die EU-Staa­ten adres­siert, kann sie auch für Un­ter­neh­men zur Her­aus­for­de­rung wer­den.

Tatsäch­lich han­delt es sich bei die­ser Plas­tik­steuer nicht um eine Steuer im ei­gent­li­chen Sinn, son­dern um eine Ab­gabe der Mit­glied­staa­ten an die EU. Diese wurde im Rah­men des Ei­gen­mit­tel­be­schlus­ses zur Fi­nan­zie­rung des EU-Haus­halts vom 14.12.2020 ver­ab­schie­det. Seit dem 01.01.2021 sind die EU-Mit­glied­staa­ten dem­nach ver­pflich­tet, auf je­des Ki­lo­gramm nicht re­cy­cel­ter Ver­pa­ckungs­abfälle aus Kunst­stoff eine Ab­gabe in Höhe von 0,80 Euro zu leis­ten. Dar­un­ter fal­len bspw. sol­che Ver­pa­ckungs­ma­te­ria­lien, die nicht für eine an­schließende Wei­ter­ver­ar­bei­tung in Pro­dukte, Ma­te­ria­lien oder Stoffe be­stimmt sind.

Die Plas­tik­steuer ist zu­dem nicht zweck­ge­bun­den. Eine di­rekte Förde­rung der Kreis­lauf­wirt­schaft, z. B. um neue Lösun­gen für die Ver­pa­ckungs­abfälle zu ent­wi­ckeln, fin­det so­mit auf EU-Ebene durch die Plas­ti­kab­gabe nicht statt. Viel­mehr sollte die Ab­gabe ur­sprüng­lich ein­geführt wer­den, um die durch den Brexit ent­ste­hen­den Fi­nan­zie­rungslücken ab­zu­fe­dern. Da­ne­ben dient sie als öko­lo­gi­sches Steue­rungs­in­stru­ment und soll Kunst­stoff­abfälle in den EU-Mit­glied­staa­ten re­du­zie­ren.

Wie gehen die Mitgliedstaaten damit um?

Die EU-Mit­glied­staa­ten können selbst ent­schei­den, wie sie die Plas­ti­kab­gabe re­fi­nan­zie­ren. Die na­tio­nale Um­set­zung in den ein­zel­nen Mit­glied­staa­ten ist dem­ent­spre­chend sehr un­ter­schied­lich. Während ei­nige Länder, wie Frank­reich oder Öster­reich, die Ab­gabe nach der­zei­ti­gem Stand aus dem Haus­halt fi­nan­zie­ren, ha­ben sich an­dere, v. a. südeu­ropäische Staa­ten, dafür ent­schie­den, die durch die Ab­gabe ent­stan­de­nen Auf­wen­dun­gen an die Pri­vat­wirt­schaft wei­ter­zu­ge­ben. Auch die Art und Weise, wie die Plas­ti­kab­gabe auf die Pri­vat­wirt­schaft ab­gewälzt wird, va­ri­iert von Land zu Land. Während ei­nige Mit­glied­staa­ten eine Steuer auf Er­zeug­nisse aus dem In- und Aus­land er­he­ben, be­steu­ern an­dere Staa­ten le­dig­lich die Ein­fuhr von Ein­weg­kunst­stoff­pro­duk­ten aus dem Aus­land. Auch Aus­nah­me­re­ge­lun­gen und Steu­er­satz wei­chen in den ein­zel­nen EU-Ländern von­ein­an­der ab.

Ita­lien hat bspw. die Einführung ei­ner Steuer für Ein­weg­pro­dukte zum 01.01.2024 be­schlos­sen. Steu­er­schuld­ner ist hier grundsätz­lich der Kunst­stoff­her­stel­ler. Wer­den je­doch Ein­weg­ver­pa­ckun­gen aus an­de­ren EU-Mit­glied­staa­ten nach Ita­lien ein­geführt, kann auch den ausländi­schen Im­por­teur die Steu­er­schuld tref­fen. In Spa­nien ist zum 01.01.2023 be­reits eine Plas­tik­steuer in Kraft ge­tre­ten. Dem­nach wer­den Ein­weg-Kunst­stoff­ver­pa­ckun­gen mit 0,45 Euro/Ki­lo­gramm be­steu­ert. Steu­er­pflich­tig sind so­wohl Her­stel­ler als auch Im­por­teure, so­fern sie mehr als 5 kg Ein­weg-Kunst­stoff­pro­dukte pro Mo­nat her­stel­len bzw. nach Spa­nien einführen. Auch in Por­tu­gal wurde be­reits zum 01.07.2022 eine Ab­gabe auf Ein­weg­ver­pa­ckun­gen aus Kunst­stoff ein­geführt. Ab dem 01.09.2023 soll zusätz­lich eine Ab­gabe auf Ver­pa­ckun­gen aus Alu­mi­nium in Höhe von 0,30 Euro pro Ver­pa­ckung er­ho­ben wer­den. Ab­ga­be­pflich­tig sind zwar die Her­stel­ler bzw. Im­por­teure von Ein­weg-Kunst­stoff­ver­pa­ckun­gen, letzt­end­lich sol­len die Beiträge je­doch an die Ver­brau­cher wei­ter­ge­reicht wer­den.

Hin­weis: Auch nicht EU-Mit­glied­staa­ten er­he­ben eine Plas­tik­steuer. So wer­den in Großbri­tan­nien seit dem 01.04.2022 Kunst­stoff­ver­pa­ckun­gen, die aus we­ni­ger als 30% re­cy­cel­tem Kunst­stoff be­ste­hen, be­steu­ert. Die Steuer gilt für befüllte und leere Ver­pa­ckun­gen, die in Großbri­tan­nien her­ge­stellt oder nach Großbri­tan­nien im­por­tiert wer­den. Steu­er­pflich­tig sind alle Un­ter­neh­men, die in­ner­halb von 12 Mo­na­ten mehr als 10 Ton­nen sol­cher Kunst­stoff­ver­pa­ckun­gen im­por­tie­ren bzw. her­stel­len.

Ne­ben die­sen be­reits be­schlos­se­nen Plas­tik­steu­ern, ist in wei­te­ren EU-Staa­ten eine zukünf­tige Be­steue­rung von Ver­pa­ckun­gen zu er­war­ten.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung

In Deutsch­land wird die Plas­ti­kab­gabe der­zeit aus dem Bun­des­haus­halt, also aus den all­ge­mei­nen Steu­er­ein­nah­men ge­zahlt. Eine Um­lage des Bei­trags auf die Pri­vat­wirt­schaft er­folgt bis­lang nicht. Nach den Plänen der Bun­des­re­gie­rung könnte sich dies je­doch bald ändern. Sie brachte am 11.01.2023 den Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur Um­set­zung von Ar­ti­kel 8 Ab­satz 1 bis 7 der Richt­li­nie (EU) 2019/904 des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 5. Juni 2019 über die Ver­rin­ge­rung der Aus­wir­kun­gen be­stimm­ter Kunst­stoff­pro­dukte auf die Um­welt, kurz Ge­setz zur Einführung ei­ner Ein­weg­kunst­stoff­ab­gabe in Deutsch­land (EW­FondsG) in das Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren ein.

Laut dem Re­gie­rungs­ent­wurf soll die Plas­ti­kab­gabe wie in an­de­ren eu­ropäischen Ländern auf die Her­stel­ler und In­ver­kehr­brin­ger um­ge­legt wer­den. Die­ser sieht die Er­he­bung ei­ner Ein­weg­kunst­stoff­ab­gabe vor, die Un­ter­neh­men abhängig von der erst­ma­lig auf dem Markt be­reit­ge­stell­ten oder ver­kauf­ten Menge an Ein­weg­kunst­stoff­pro­duk­ten in einen vom Um­welt­bun­des­amt ver­wal­te­ten Fonds ein­zah­len sol­len. Die ein­ge­zahl­ten Beträge sol­len der Kreis­lauf­wirt­schaft zu­gu­te­kom­men. Ins­be­son­dere sol­len da­mit die Kos­ten für Maßnah­men der Ab­fall­be­wirt­schaf­tung, der Rei­ni­gung des öff­ent­li­chen Raums und für Sen­si­bi­li­sie­rungsmaßnah­men ge­deckt wer­den. Die Höhe der zu zah­len­den Ab­gabe soll un­ter Mit­wir­kung ei­ner Kom­mis­sion aus Ver­tre­tern der Ab­fall­wirt­schafts­un­ter­neh­men, Ver­brau­cher- und Um­welt­or­ga­ni­sa­to­ren und Kom­mu­nal­ver­wal­tun­gen fest­ge­legt wer­den.

Hin­weis: Wei­tere In­for­ma­tio­nen zu die­sem Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren fin­den Sie hier.

Zwar zie­len die Pläne der Bun­des­re­gie­rung in ers­ter Li­nie auf die Ver­pa­ckungs­bran­che ab. Da die Um­lage der Kos­ten auf Ver­brau­cher je­doch nicht aus­zu­schließen ist, könnte der Re­gie­rungs­ent­wurf auch auf den Ein­zel­han­del, die Gas­tro­no­mie, die Kon­sumgüter­bran­che und wei­tere Un­ter­neh­men, die Kunst­stoff­ver­pa­ckun­gen ver­wen­den Aus­wir­kun­gen ha­ben.

Hin­weis: Der Re­gie­rungs­ent­wurf sieht eine erst­ma­lige Zah­lung der Ab­gabe im Frühjahr 2025 vor.

Aktuelle Herausforderungen für Unternehmen

Auch wenn Un­ter­neh­men in Deutsch­land bis­her noch nicht in die Pflicht ge­nom­men wur­den, er­gibt sich ins­be­son­dere für Un­ter­neh­men mit Toch­ter­ge­sell­schaf­ten im EU-Aus­land schon jetzt Hand­lungs­be­darf. Da eine EU-weite Har­mo­ni­sie­rung der Plas­tik­steuer nicht ge­plant ist, be­steht die Her­aus­for­de­rung v. a. darin, den Über­blick über die ak­tu­el­len Ent­wick­lun­gen und die da­mit verknüpften ad­mi­nis­tra­ti­ven Pflich­ten in den ein­zel­nen Mit­glied­staa­ten zu be­hal­ten. Eine wei­tere wich­tige Rolle spielt die Be­schaf­fung von Da­ten, mit de­nen die sich aus ei­ner Kunst­stoff­steuer er­ge­ben­den Kos­ten er­mit­telt und be­ob­ach­tet wer­den können. Ge­ge­be­nen­falls kann es sich außer­dem loh­nen, die un­ter­neh­mens­ei­ge­nen Lie­fer­ket­ten zu ana­ly­sie­ren und hin­sicht­lich der an­fal­len­den Plas­tik­steu­ern zu op­ti­mie­ren.

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