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„Plastiksteuer“: Neue Herausforderung für Unternehmen?

01.03.2023 | 4 Minuten Lesezeit

Am 01.01.2021 ist auf Ebene der EU die sog. Plastiksteuer in Kraft getreten. Mitgliedstaaten müssen seitdem monatlich eine Abgabe auf nicht recycelte Verpackungsabfälle an die EU entrichten. Auch wenn die Abgabe damit im ersten Schritt die EU-Staaten adressiert, kann sie auch für Unternehmen zur Herausforderung werden.

Tatsächlich handelt es sich bei dieser Plastiksteuer nicht um eine Steuer im eigentlichen Sinn, sondern um eine Abgabe der Mitgliedstaaten an die EU. Diese wurde im Rahmen des Eigenmittelbeschlusses zur Finanzierung des EU-Haushalts vom 14.12.2020 verabschiedet. Seit dem 01.01.2021 sind die EU-Mitgliedstaaten demnach verpflichtet, auf jedes Kilogramm nicht recycelter Verpackungsabfälle aus Kunststoff eine Abgabe in Höhe von 0,80 Euro zu leisten. Darunter fallen bspw. solche Verpackungsmaterialien, die nicht für eine anschließende Weiterverarbeitung in Produkte, Materialien oder Stoffe bestimmt sind.

Die Plastiksteuer ist zudem nicht zweckgebunden. Eine direkte Förderung der Kreislaufwirtschaft, z. B. um neue Lösungen für die Verpackungsabfälle zu entwickeln, findet somit auf EU-Ebene durch die Plastikabgabe nicht statt. Vielmehr sollte die Abgabe ursprünglich eingeführt werden, um die durch den Brexit entstehenden Finanzierungslücken abzufedern. Daneben dient sie als ökologisches Steuerungsinstrument und soll Kunststoffabfälle in den EU-Mitgliedstaaten reduzieren.

Wie gehen die Mitgliedstaaten damit um?

Die EU-Mitgliedstaaten können selbst entscheiden, wie sie die Plastikabgabe refinanzieren. Die nationale Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten ist dementsprechend sehr unterschiedlich. Während einige Länder, wie Frankreich oder Österreich, die Abgabe nach derzeitigem Stand aus dem Haushalt finanzieren, haben sich andere, v. a. südeuropäische Staaten, dafür entschieden, die durch die Abgabe entstandenen Aufwendungen an die Privatwirtschaft weiterzugeben. Auch die Art und Weise, wie die Plastikabgabe auf die Privatwirtschaft abgewälzt wird, variiert von Land zu Land. Während einige Mitgliedstaaten eine Steuer auf Erzeugnisse aus dem In- und Ausland erheben, besteuern andere Staaten lediglich die Einfuhr von Einwegkunststoffprodukten aus dem Ausland. Auch Ausnahmeregelungen und Steuersatz weichen in den einzelnen EU-Ländern voneinander ab.

Italien hat bspw. die Einführung einer Steuer für Einwegprodukte zum 01.01.2024 beschlossen. Steuerschuldner ist hier grundsätzlich der Kunststoffhersteller. Werden jedoch Einwegverpackungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten nach Italien eingeführt, kann auch den ausländischen Importeur die Steuerschuld treffen. In Spanien ist zum 01.01.2023 bereits eine Plastiksteuer in Kraft getreten. Demnach werden Einweg-Kunststoffverpackungen mit 0,45 Euro/Kilogramm besteuert. Steuerpflichtig sind sowohl Hersteller als auch Importeure, sofern sie mehr als 5 kg Einweg-Kunststoffprodukte pro Monat herstellen bzw. nach Spanien einführen. Auch in Portugal wurde bereits zum 01.07.2022 eine Abgabe auf Einwegverpackungen aus Kunststoff eingeführt. Ab dem 01.09.2023 soll zusätzlich eine Abgabe auf Verpackungen aus Aluminium in Höhe von 0,30 Euro pro Verpackung erhoben werden. Abgabepflichtig sind zwar die Hersteller bzw. Importeure von Einweg-Kunststoffverpackungen, letztendlich sollen die Beiträge jedoch an die Verbraucher weitergereicht werden.

Hinweis: Auch nicht EU-Mitgliedstaaten erheben eine Plastiksteuer. So werden in Großbritannien seit dem 01.04.2022 Kunststoffverpackungen, die aus weniger als 30% recyceltem Kunststoff bestehen, besteuert. Die Steuer gilt für befüllte und leere Verpackungen, die in Großbritannien hergestellt oder nach Großbritannien importiert werden. Steuerpflichtig sind alle Unternehmen, die innerhalb von 12 Monaten mehr als 10 Tonnen solcher Kunststoffverpackungen importieren bzw. herstellen.

Neben diesen bereits beschlossenen Plastiksteuern, ist in weiteren EU-Staaten eine zukünftige Besteuerung von Verpackungen zu erwarten.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung

In Deutschland wird die Plastikabgabe derzeit aus dem Bundeshaushalt, also aus den allgemeinen Steuereinnahmen gezahlt. Eine Umlage des Beitrags auf die Privatwirtschaft erfolgt bislang nicht. Nach den Plänen der Bundesregierung könnte sich dies jedoch bald ändern. Sie brachte am 11.01.2023 den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung von Artikel 8 Absatz 1 bis 7 der Richtlinie (EU) 2019/904 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt, kurz Gesetz zur Einführung einer Einwegkunststoffabgabe in Deutschland (EWFondsG) in das Gesetzgebungsverfahren ein.

Laut dem Regierungsentwurf soll die Plastikabgabe wie in anderen europäischen Ländern auf die Hersteller und Inverkehrbringer umgelegt werden. Dieser sieht die Erhebung einer Einwegkunststoffabgabe vor, die Unternehmen abhängig von der erstmalig auf dem Markt bereitgestellten oder verkauften Menge an Einwegkunststoffprodukten in einen vom Umweltbundesamt verwalteten Fonds einzahlen sollen. Die eingezahlten Beträge sollen der Kreislaufwirtschaft zugutekommen. Insbesondere sollen damit die Kosten für Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung, der Reinigung des öffentlichen Raums und für Sensibilisierungsmaßnahmen gedeckt werden. Die Höhe der zu zahlenden Abgabe soll unter Mitwirkung einer Kommission aus Vertretern der Abfallwirtschaftsunternehmen, Verbraucher- und Umweltorganisatoren und Kommunalverwaltungen festgelegt werden.

Hinweis: Weitere Informationen zu diesem Gesetzgebungsverfahren finden Sie hier.

Zwar zielen die Pläne der Bundesregierung in erster Linie auf die Verpackungsbranche ab. Da die Umlage der Kosten auf Verbraucher jedoch nicht auszuschließen ist, könnte der Regierungsentwurf auch auf den Einzelhandel, die Gastronomie, die Konsumgüterbranche und weitere Unternehmen, die Kunststoffverpackungen verwenden Auswirkungen haben.

Hinweis: Der Regierungsentwurf sieht eine erstmalige Zahlung der Abgabe im Frühjahr 2025 vor.

Aktuelle Herausforderungen für Unternehmen

Auch wenn Unternehmen in Deutschland bisher noch nicht in die Pflicht genommen wurden, ergibt sich insbesondere für Unternehmen mit Tochtergesellschaften im EU-Ausland schon jetzt Handlungsbedarf. Da eine EU-weite Harmonisierung der Plastiksteuer nicht geplant ist, besteht die Herausforderung v. a. darin, den Überblick über die aktuellen Entwicklungen und die damit verknüpften administrativen Pflichten in den einzelnen Mitgliedstaaten zu behalten. Eine weitere wichtige Rolle spielt die Beschaffung von Daten, mit denen die sich aus einer Kunststoffsteuer ergebenden Kosten ermittelt und beobachtet werden können. Gegebenenfalls kann es sich außerdem lohnen, die unternehmenseigenen Lieferketten zu analysieren und hinsichtlich der anfallenden Plastiksteuern zu optimieren.