deen

Steuerberatung

Umsetzung der globalen Mindeststeuer in Deutschland

Am 15.12.2023 stimmte der Bun­des­rat dem Ge­setz zur Um­set­zung der Min­dest­be­steue­rungs­richt­li­nie zu. Da­mit steht fest, wel­che Vor­ga­ben große Un­ter­neh­mens­grup­pen im Rah­men der glo­ba­len Min­dest­steuer in Deutsch­land ab grundsätz­lich 2024 zu erfüllen ha­ben.

© unsplash

Es han­delt sich um die wohl größte Steu­er­re­form der letz­ten Jahr­zehnte mit einem voll­kom­men neuen und in Tei­len hoch­kom­ple­xen Re­gel­werk. Be­trof­fene Un­ter­neh­men se­hen sich um­fas­sen­den und res­sour­cen­in­ten­si­ven Com­pli­ance-Ver­pflich­tun­gen ge­genüber.

Was ist die Ausgangslage?

Im Rah­men des BEPS 2.0 Pro­jekts der OECD ha­ben sich in 2021 rund 140 Staa­ten auf die Einführung ei­ner glo­ba­len Min­dest­steuer ge­ei­nigt, auch be­kannt un­ter der Be­zeich­nung „Glo­bal Anti-Base Ero­sion Ru­les“ (GloBE) oder Pil­lar 2.

Um eine ein­heit­li­che Einführung und Aus­ge­stal­tung der An­wen­dung der glo­ba­len Min­dest­steuer im EU-Raum si­cher­zu­stel­len, be­schloss der Rat der Eu­ropäischen Union am 15.12.2022 die Min­dest­be­steue­rungs­richt­li­nie (Richt­li­nie (EU) 2022/2523, Abl L 328 vom 22.12.2022, S. 1, be­rich­tigt in ABl. L 13 vom 16.01.2023, S. 9). Darin wer­den die EU-Mit­glied­staa­ten ver­pflich­tet, die Vor­ga­ben die­ser Richt­li­nie bis 31.12.2023 in na­tio­na­les Recht um­zu­set­zen.

Mit dem nun am 10.11.2023 be­schlos­se­nen Ge­setz zur Um­set­zung der Richt­li­nie (EU) 2022/2523 des Ra­tes zur Gewähr­leis­tung ei­ner glo­ba­len Min­dest­be­steue­rung und wei­te­rer Be­gleitmaßnah­men (Min­dest­be­steue­rungs­richt­li­nie-Um­set­zungs­ge­setz) wird ge­re­gelt, wie die glo­bale Min­dest­steuer in Deutsch­land kon­kret zur An­wen­dung kommt.

Das nun be­schlos­sene Ge­setz be­inhal­tet ne­ben der Einführung ei­nes neuen Stamm­ge­set­zes zur Gewähr­leis­tung ei­ner glo­ba­len Min­dest­be­steue­rung für Un­ter­neh­mens­grup­pen (Min­dest­steu­er­ge­setz, kurz Min­StG) zu­dem eine Her­ab­sen­kung der Nied­rig­steu­er­schwelle von 25 % auf 15 % im Rah­men der Hin­zu­rech­nungs­be­steue­rung nach §§ 7 ff AStG und der Li­zenz­schranke nach § 4j EStG.

Um was geht es bei der globalen Mindeststeuer?

Große Un­ter­neh­mens­grup­pen wer­den dazu ver­pflich­tet, erst­mals in dem nach dem 30.12.2023 be­gin­nen­den Wirt­schafts­jahr zu prüfen, ob die Ge­winne al­ler Grup­pen­mit­glie­der in den Ju­ris­dik­tio­nen ih­rer Ansässig­keits­staa­ten ei­ner Be­steue­rung von ef­fek­tiv min­des­tens 15 % un­ter­lie­gen. Wird die­ser ef­fek­tive Min­dest­steu­er­satz un­ter­schrit­ten, ist grundsätz­lich auf Ebene der obers­ten Mut­ter­ge­sell­schaft eine zusätz­li­che Steuer in Höhe der Dif­fe­renz zum Min­dest­steu­er­satz von 15 % zu zah­len.

Wer ist betroffen?

Der glo­ba­len Min­dest­steuer un­ter­lie­gen mul­ti­na­tio­nale so­wie na­tio­nale Kon­zerne mit einem Ge­samt­jah­res­um­satz von min­des­tens 750 Mio. Euro in min­des­tens zwei der vier vor­an­ge­hen­den Ge­schäfts­jahre. Ist eine Kon­zern­ein­heit ei­nes sol­chen Kon­zerns in Deutsch­land be­le­gen, kommt grundsätz­lich das neue Min­StG zur An­wen­dung. Aus dem An­wen­dungs­be­reich aus­ge­nom­men sind al­ler­dings u. a. Non-Pro­fit Or­ga­ni­sa­tio­nen, staat­li­che Ein­hei­ten, in­ter­na­tio­nale Or­ga­ni­sa­tio­nen und Pen­si­ons­ein­hei­ten.

Was ist zu ermitteln?

Um prüfen zu können, ob die Ge­schäfts­ein­hei­ten der Un­ter­neh­mens­gruppe, die in einem Steu­er­ho­heits­ge­biet ansässig sind, ei­ner Steu­er­be­las­tung in Höhe von min­des­tens 15 % un­ter­lie­gen, sind die „an­ge­pass­ten er­fass­ten Steu­ern“ und der für Zwecke der Min­dest­steuer an­ge­passte Ge­winn (sog. Min­dest­steuer-Ge­winn bzw. -Ver­lust) her­an­zu­zie­hen. Das Verhält­nis hier­aus er­gibt den ef­fek­ti­ven Steu­er­satz. Meh­rere Ge­schäfts­ein­hei­ten in einem Steu­er­ho­heits­ge­biet sind dazu zu­sam­men­zu­fas­sen (Ju­ris­dic­tio­nal Blen­ding).

Die „an­ge­pass­ten er­fass­ten Steu­ern“ und der Min­dest­steuer-Ge­winn bzw. -Ver­lust wer­den auf der Grund­lage des Er­geb­nis­ses er­mit­telt, das in dem nach einem an­er­kann­ten Rech­nungs­le­gungs­stan­dard auf­ge­stell­ten Kon­zern­ab­schluss (z.B. IFRS oder HGB) aus­ge­wie­sen ist (HB II-Er­geb­nis). Al­ler­dings sind noch zahl­rei­che An­pas­sun­gen vor­zu­neh­men. Die im HB II-Er­geb­nis aus­ge­wie­se­nen er­fass­ten Steu­ern um­fas­sen auch la­tente Steu­ern. Lau­fende wie la­tente Steu­er­po­si­tio­nen sind um zahl­rei­che Hin­zu­rech­nun­gen und Kürzun­gen zu mo­di­fi­zie­ren. Auch zur Be­rech­nung des Min­dest­steuer-Ge­winns bzw. -Ver­lusts sind zahl­rei­che An­pas­sun­gen an dem in der HB II aus­ge­wie­se­nen Er­geb­nis vor­zu­neh­men.

Hin­weis: In dem nun fi­nal be­schlos­se­nen Ge­setz wur­den in Ergänzung zum ur­sprüng­li­chen Ge­setz­ent­wurf noch ei­nige Re­ge­lun­gen auf­ge­nom­men, mit de­nen den zwi­schen­zeit­lich er­gan­ge­nen Vor­ga­ben und Ver­laut­ba­run­gen auf OECD-Ebene Rech­nung ge­tra­gen wird. Zu­dem wur­den Öff­nungs­klau­seln ergänzt, um das Min­StG an künf­tige in­ter­na­tio­nal be­schlos­sene Stan­dards an­pas­sen zu können.

Wie erfolgt die Mindestbesteuerung?

Un­ter­schrei­tet der ef­fek­tive Steu­er­satz von Ge­schäfts­ein­hei­ten der Gruppe in einem Steu­er­ho­heits­ge­biet den Min­dest­steu­er­satz von 15 %, ist nach der sog. Primärergänzungs­steu­er­re­ge­lung grundsätz­lich die ober­ste Mut­ter­ge­sell­schaft ver­pflich­tet, einen ent­spre­chen­den Steu­er­erhöhungs­be­trag ab­zuführen. Im Falle ei­ner in Deutsch­land be­le­ge­nen obers­ten Mut­ter­ge­sell­schaft wäre diese so­mit zur Steu­er­zah­lung ge­genüber dem deut­schen Fis­kus ver­pflich­tet.

Im Min­StG wird zu­dem von der Möglich­keit Ge­brauch ge­macht, eine na­tio­nale Ergänzungs­steuer ein­zuführen. Soll­ten die im In­land be­le­ge­nen Ge­schäfts­ein­hei­ten ei­nes ausländi­schen Kon­zerns ei­ner ef­fek­ti­ven Steuer von un­ter 15 % un­ter­lie­gen, kommt die na­tio­nale Ergänzungs­steuer zur An­wen­dung. Auf Ebene der im Aus­land ansässi­gen obers­ten Mut­ter­ge­sell­schaft kann es dann grundsätz­lich zur Berück­sich­ti­gung die­ser na­tio­na­len Ergänzungs­steuer kom­men.

So­fern die Primärergänzungs­steu­er­re­ge­lung nicht greift, weil im Ansässig­keits­staat der obers­ten Mut­ter­ge­sell­schaft keine ent­spre­chende Re­ge­lung be­steht und die Min­dest­be­steue­rung auch nicht auf Ebene ei­ner zwi­schen­ge­schal­te­ten Mut­ter­ge­sell­schaft er­folgt, sieht das Ge­setz als Auf­fan­gre­ge­lung die Se­kundärergänzungs­steu­er­re­ge­lung vor, die erst­mals auf nach dem 30.12.2024 be­gin­nende Ge­schäfts­jahre an­zu­wen­den ist. Dazu ist den im In­land steu­er­pflich­ti­gen Ge­schäfts­ein­hei­ten ein an­tei­li­ger Steu­er­erhöhungs­be­trag für die ge­samte Gruppe zu­zu­rech­nen.

Welche Erklärungen sind zu übermitteln?

Jede steu­er­pflich­tige Ge­schäfts­ein­heit im In­land hat dem Bun­des­zen­tral­amt für Steu­ern grundsätz­lich bis spätes­tens 15 Mo­nate (bzw. im Erst­jahr der An­wen­dung 18 Mo­nate) nach Ende des Ge­schäfts­jah­res einen Min­dest­steuer-Be­richt zu über­mit­teln. Darin müssen alle für die Be­rech­nung ei­nes et­wai­gen Steu­er­erhöhungs­be­trags er­for­der­li­chen In­for­ma­tio­nen ent­hal­ten sein.

Eine in Deutsch­land ansässige Mut­ter­ge­sell­schaft, die Grup­penträger ei­ner sog. Min­dest­steu­er­gruppe (be­ste­hend aus al­len im In­land be­le­ge­nen Ge­schäfts­ein­hei­ten) ist, hat bis zum Ab­lauf der vor­ge­nann­ten Frist für alle inländi­schen Ge­schäfts­ein­hei­ten eine Steu­er­erklärung ab­zu­ge­ben, in der sie den Steu­er­erhöhungs­be­trag selbst zu be­rech­nen und in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach Über­mitt­lung der An­mel­dung zu ent­rich­ten hat.

Gibt es ggf. Erleichterungen?

Be­fris­tete Safe Har­bour-Re­ge­lun­gen, die sich auf Da­ten aus dem Coun­try-by-Coun­try-Re­por­ting (CbCR) be­zie­hen, se­hen vor, dass auf An­trag für ein Steu­er­ho­heits­ge­biet ein Steu­er­erhöhungs­be­trag von Null Euro an­ge­nom­men wird, wenn für die­ses Steu­er­ho­heits­ge­biet ei­ner der fol­gen­den drei Tests erfüllt ist:

  • „De-Mi­ni­mis-Test“: Um­sat­zerlöse von we­ni­ger als 10 Mio. Euro und Ge­winn vor Steu­ern von we­ni­ger als 1 Mio. Euro laut CbCR
  • „Ver­ein­fach­ter Ef­fec­tive Tax Rate-Test“: Ef­fek­ti­ver Steu­er­satz be­rech­net auf Ba­sis der CbCR-Da­ten und des maßgeb­li­chen Er­trag­steu­er­auf­wands (nebst be­stimm­ter Mo­di­fi­ka­tio­nen) von min­des­tens 15 % (in 2024), 16 % (in 2025) bzw. 17 % (in 2026)
  • „Sub­stanz­test“: Ge­winn vor Steu­ern laut CbCR ent­spricht ma­xi­mal dem sog. sub­stanz­ba­sier­ten Frei­be­trag (er­mit­telt an­hand von Lohn­kos­ten und ma­te­ri­el­len Vermögens­wer­ten).

Diese Er­leich­te­run­gen gel­ten für eine Überg­angs­zeit, die i.d.R. die Wirt­schafts­jahre 2024, 2025 und 2026 um­fas­sen.

Übt die Un­ter­neh­mens­gruppe nur in un­ter­ge­ord­ne­tem Um­fang in­ter­na­tio­nale Tätig­kei­ten aus, ist zu­dem un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen eine Be­frei­ung in den ers­ten fünf Jah­ren der An­wen­dung der Min­dest­steuer vor­ge­se­hen. Be­schlos­sen wurde fer­ner eine Safe Har­bour- Re­ge­lung für den Fall, dass auf Ebene ausländi­scher Toch­ter­ge­sell­schaf­ten be­reits eine an­er­kannte na­tio­nale Ergänzungs­steuer er­ho­ben wird. Im Ver­gleich zur vor­he­ri­gen Ent­wurfs­fas­sung sieht das nun be­schlos­sene Ge­setz ei­nige ver­schärfende Vor­aus­set­zun­gen für diese Safe Har­bour-Re­ge­lung bei an­er­kann­ter na­tio­na­ler Ergänzungs­steuer vor.

Hin­weis: Auch wenn diese tem­porären Ver­ein­fa­chungs­re­ge­lun­gen grei­fen, sind grundsätz­lich die oben dar­ge­stell­ten De­kla­ra­ti­ons­pflich­ten zu erfüllen. Das Min­StG sieht hierzu gleich­wohl eine Öff­nungs­klau­sel vor, wo­nach das BMF mit Zu­stim­mung des Bun­des­rats u. a. den Um­fang und die nähere Aus­ge­stal­tung des Min­dest­steuer-Be­richts re­geln kann. Auf OECD-Ebene wur­den be­reits im Juli 2023 Ver­ein­fa­chun­gen in der De­kla­ra­ti­ons­tiefe be­schlos­sen, die ins­be­son­dere zur An­wen­dung ge­lan­gen sol­len, wenn von den o. g. CbCR ba­sier­ten Safe Har­bour-Re­ge­lun­gen Ge­brauch ge­macht wer­den kann. Es bleibt zu hof­fen, dass das BMF die OECD-Vor­ga­ben ent­spre­chend um­setzt.

Zeit­lich un­be­grenzt ist zu­dem für un­we­sent­li­che Ge­schäfts­ein­hei­ten vor­ge­se­hen, dass sich der Steu­er­erhöhungs­be­trag auf Null Euro re­du­ziert, wenn ein An­trag ge­stellt und die Vor­aus­set­zun­gen dazu erfüllt sind. Als un­we­sent­li­che Ge­schäfts­ein­heit gilt da­bei eine Ge­sell­schaft, die nach We­sent­lich­keits­erwägun­gen nicht in den tes­tier­ten Kon­zern­ab­schluss ein­be­zo­gen wird. Zu­dem muss ei­ner von drei al­ter­na­ti­ven Tests erfüllt sein, die wie­derum auf ver­ein­fach­ten Be­rech­nun­gen auf Ba­sis von CbCR-Da­ten fußen. Diese un­be­fris­te­ten Tests ent­spre­chen je­doch nur auf den ers­ten Blick den zeit­lich be­grenz­ten CbCR ba­sier­ten Safe Har­bour-Re­ge­lun­gen.

Was ergibt sich daraus für die Praxis?

Be­trof­fene Un­ter­neh­men müssen sich - so­weit nicht be­reits ge­sche­hen - in­ten­siv mit den Vor­ga­ben zur Er­mitt­lung der Be­rech­nungs­grund­la­gen für die Prüfung des ef­fek­ti­ven Steu­er­sat­zes aus­ein­an­der­set­zen (mehr zu ak­tu­el­lem Hand­lungs­be­darf le­sen Sie hier). Da­bei kann der im je­wei­li­gen Steu­er­ho­heits­ge­biet vor­ge­se­hene No­mi­nal­steu­er­satz nicht mehr als nur einen gro­ben Hin­weis auf et­waig zu zah­lende Ergänzungs­steu­ern ge­ben. Denn durch die um­fang­rei­chen An­pas­sun­gen so­wohl des maßgeb­li­chen Min­dest­steuer-Ge­winns als auch der zu berück­sich­ti­gen­den Steu­ern können sich hier er­heb­li­che Ab­wei­chun­gen er­ge­ben. Un­erläss­lich zur Er­mitt­lung der Be­rech­nungs­grund­la­gen wird da­bei ein ent­spre­chend an­ge­pass­tes kon­zern­in­ter­nes Re­por­ting sein, das weit über die bis­he­ri­gen Re­por­ting Pa­cka­ges im Zu­sam­men­hang mit der Kon­zern­rech­nungs­le­gung hin­aus­geht.

Ob von ei­ner der Ver­ein­fa­chungs­re­ge­lun­gen ba­sie­rend auf CbCR-Da­ten Ge­brauch ge­macht wer­den kann, lässt sich pra­xis­ori­en­tiert und ef­fi­zi­ent mit un­se­rem tool­ba­sier­ten Be­ra­tungs­an­satz zu den CbCR-ba­sier­ten Safe Har­bour-Re­ge­lun­gen ab­schätzen (mehr dazu er­fah­ren Sie hier).

 

nach oben