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Umsetzung der globalen Mindeststeuer in Deutschland

19.12.2023 | 6 Minuten Lesezeit

Am 15.12.2023 stimmte der Bundesrat dem Gesetz zur Umsetzung der Mindestbesteuerungsrichtlinie zu. Damit steht fest, welche Vorgaben große Unternehmensgruppen im Rahmen der globalen Mindeststeuer in Deutschland ab grundsätzlich 2024 zu erfüllen haben.

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Es handelt sich um die wohl größte Steuerreform der letzten Jahrzehnte mit einem vollkommen neuen und in Teilen hochkomplexen Regelwerk. Betroffene Unternehmen sehen sich umfassenden und ressourcenintensiven Compliance-Verpflichtungen gegenüber.

Was ist die Ausgangslage?

Im Rahmen des BEPS 2.0 Projekts der OECD haben sich in 2021 rund 140 Staaten auf die Einführung einer globalen Mindeststeuer geeinigt, auch bekannt unter der Bezeichnung „Global Anti-Base Erosion Rules" (GloBE) oder Pillar 2.

Um eine einheitliche Einführung und Ausgestaltung der Anwendung der globalen Mindeststeuer im EU-Raum sicherzustellen, beschloss der Rat der Europäischen Union am 15.12.2022 die Mindestbesteuerungsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2022/2523, Abl L 328 vom 22.12.2022, S. 1, berichtigt in ABl. L 13 vom 16.01.2023, S. 9). Darin werden die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, die Vorgaben dieser Richtlinie bis 31.12.2023 in nationales Recht umzusetzen.

Mit dem nun am 10.11.2023 beschlossenen Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen (Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz) wird geregelt, wie die globale Mindeststeuer in Deutschland konkret zur Anwendung kommt.

Das nun beschlossene Gesetz beinhaltet neben der Einführung eines neuen Stammgesetzes zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen (Mindeststeuergesetz, kurz MinStG) zudem eine Herabsenkung der Niedrigsteuerschwelle von 25 % auf 15 % im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff AStG und der Lizenzschranke nach § 4j EStG.

Um was geht es bei der globalen Mindeststeuer?

Große Unternehmensgruppen werden dazu verpflichtet, erstmals in dem nach dem 30.12.2023 beginnenden Wirtschaftsjahr zu prüfen, ob die Gewinne aller Gruppenmitglieder in den Jurisdiktionen ihrer Ansässigkeitsstaaten einer Besteuerung von effektiv mindestens 15 % unterliegen. Wird dieser effektive Mindeststeuersatz unterschritten, ist grundsätzlich auf Ebene der obersten Muttergesellschaft eine zusätzliche Steuer in Höhe der Differenz zum Mindeststeuersatz von 15 % zu zahlen.

Wer ist betroffen?

Der globalen Mindeststeuer unterliegen multinationale sowie nationale Konzerne mit einem Gesamtjahresumsatz von mindestens 750 Mio. Euro in mindestens zwei der vier vorangehenden Geschäftsjahre. Ist eine Konzerneinheit eines solchen Konzerns in Deutschland belegen, kommt grundsätzlich das neue MinStG zur Anwendung. Aus dem Anwendungsbereich ausgenommen sind allerdings u. a. Non-Profit Organisationen, staatliche Einheiten, internationale Organisationen und Pensionseinheiten.

Was ist zu ermitteln?

Um prüfen zu können, ob die Geschäftseinheiten der Unternehmensgruppe, die in einem Steuerhoheitsgebiet ansässig sind, einer Steuerbelastung in Höhe von mindestens 15 % unterliegen, sind die „angepassten erfassten Steuern" und der für Zwecke der Mindeststeuer angepasste Gewinn (sog. Mindeststeuer-Gewinn bzw. -Verlust) heranzuziehen. Das Verhältnis hieraus ergibt den effektiven Steuersatz. Mehrere Geschäftseinheiten in einem Steuerhoheitsgebiet sind dazu zusammenzufassen (Jurisdictional Blending).

Die „angepassten erfassten Steuern" und der Mindeststeuer-Gewinn bzw. -Verlust werden auf der Grundlage des Ergebnisses ermittelt, das in dem nach einem anerkannten Rechnungslegungsstandard aufgestellten Konzernabschluss (z.B. IFRS oder HGB) ausgewiesen ist (HB II-Ergebnis). Allerdings sind noch zahlreiche Anpassungen vorzunehmen. Die im HB II-Ergebnis ausgewiesenen erfassten Steuern umfassen auch latente Steuern. Laufende wie latente Steuerpositionen sind um zahlreiche Hinzurechnungen und Kürzungen zu modifizieren. Auch zur Berechnung des Mindeststeuer-Gewinns bzw. -Verlusts sind zahlreiche Anpassungen an dem in der HB II ausgewiesenen Ergebnis vorzunehmen.

Hinweis: In dem nun final beschlossenen Gesetz wurden in Ergänzung zum ursprünglichen Gesetzentwurf noch einige Regelungen aufgenommen, mit denen den zwischenzeitlich ergangenen Vorgaben und Verlautbarungen auf OECD-Ebene Rechnung getragen wird. Zudem wurden Öffnungsklauseln ergänzt, um das MinStG an künftige international beschlossene Standards anpassen zu können.

Wie erfolgt die Mindestbesteuerung?

Unterschreitet der effektive Steuersatz von Geschäftseinheiten der Gruppe in einem Steuerhoheitsgebiet den Mindeststeuersatz von 15 %, ist nach der sog. Primärergänzungssteuerregelung grundsätzlich die oberste Muttergesellschaft verpflichtet, einen entsprechenden Steuererhöhungsbetrag abzuführen. Im Falle einer in Deutschland belegenen obersten Muttergesellschaft wäre diese somit zur Steuerzahlung gegenüber dem deutschen Fiskus verpflichtet.

Im MinStG wird zudem von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine nationale Ergänzungssteuer einzuführen. Sollten die im Inland belegenen Geschäftseinheiten eines ausländischen Konzerns einer effektiven Steuer von unter 15 % unterliegen, kommt die nationale Ergänzungssteuer zur Anwendung. Auf Ebene der im Ausland ansässigen obersten Muttergesellschaft kann es dann grundsätzlich zur Berücksichtigung dieser nationalen Ergänzungssteuer kommen.

Sofern die Primärergänzungssteuerregelung nicht greift, weil im Ansässigkeitsstaat der obersten Muttergesellschaft keine entsprechende Regelung besteht und die Mindestbesteuerung auch nicht auf Ebene einer zwischengeschalteten Muttergesellschaft erfolgt, sieht das Gesetz als Auffangregelung die Sekundärergänzungssteuerregelung vor, die erstmals auf nach dem 30.12.2024 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden ist. Dazu ist den im Inland steuerpflichtigen Geschäftseinheiten ein anteiliger Steuererhöhungsbetrag für die gesamte Gruppe zuzurechnen.

Welche Erklärungen sind zu übermitteln?

Jede steuerpflichtige Geschäftseinheit im Inland hat dem Bundeszentralamt für Steuern grundsätzlich bis spätestens 15 Monate (bzw. im Erstjahr der Anwendung 18 Monate) nach Ende des Geschäftsjahres einen Mindeststeuer-Bericht zu übermitteln. Darin müssen alle für die Berechnung eines etwaigen Steuererhöhungsbetrags erforderlichen Informationen enthalten sein.

Eine in Deutschland ansässige Muttergesellschaft, die Gruppenträger einer sog. Mindeststeuergruppe (bestehend aus allen im Inland belegenen Geschäftseinheiten) ist, hat bis zum Ablauf der vorgenannten Frist für alle inländischen Geschäftseinheiten eine Steuererklärung abzugeben, in der sie den Steuererhöhungsbetrag selbst zu berechnen und innerhalb eines Monats nach Übermittlung der Anmeldung zu entrichten hat.

Gibt es ggf. Erleichterungen?

Befristete Safe Harbour-Regelungen, die sich auf Daten aus dem Country-by-Country-Reporting (CbCR) beziehen, sehen vor, dass auf Antrag für ein Steuerhoheitsgebiet ein Steuererhöhungsbetrag von Null Euro angenommen wird, wenn für dieses Steuerhoheitsgebiet einer der folgenden drei Tests erfüllt ist:

  • „De-Minimis-Test“: Umsatzerlöse von weniger als 10 Mio. Euro und Gewinn vor Steuern von weniger als 1 Mio. Euro laut CbCR
  • „Vereinfachter Effective Tax Rate-Test“: Effektiver Steuersatz berechnet auf Basis der CbCR-Daten und des maßgeblichen Ertragsteueraufwands (nebst bestimmter Modifikationen) von mindestens 15 % (in 2024), 16 % (in 2025) bzw. 17 % (in 2026)
  • „Substanztest“: Gewinn vor Steuern laut CbCR entspricht maximal dem sog. substanzbasierten Freibetrag (ermittelt anhand von Lohnkosten und materiellen Vermögenswerten).

Diese Erleichterungen gelten für eine Übergangszeit, die i.d.R. die Wirtschaftsjahre 2024, 2025 und 2026 umfassen.

Übt die Unternehmensgruppe nur in untergeordnetem Umfang internationale Tätigkeiten aus, ist zudem unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung in den ersten fünf Jahren der Anwendung der Mindeststeuer vorgesehen. Beschlossen wurde ferner eine Safe Harbour- Regelung für den Fall, dass auf Ebene ausländischer Tochtergesellschaften bereits eine anerkannte nationale Ergänzungssteuer erhoben wird. Im Vergleich zur vorherigen Entwurfsfassung sieht das nun beschlossene Gesetz einige verschärfende Voraussetzungen für diese Safe Harbour-Regelung bei anerkannter nationaler Ergänzungssteuer vor.

Hinweis: Auch wenn diese temporären Vereinfachungsregelungen greifen, sind grundsätzlich die oben dargestellten Deklarationspflichten zu erfüllen. Das MinStG sieht hierzu gleichwohl eine Öffnungsklausel vor, wonach das BMF mit Zustimmung des Bundesrats u. a. den Umfang und die nähere Ausgestaltung des Mindeststeuer-Berichts regeln kann. Auf OECD-Ebene wurden bereits im Juli 2023 Vereinfachungen in der Deklarationstiefe beschlossen, die insbesondere zur Anwendung gelangen sollen, wenn von den o. g. CbCR basierten Safe Harbour-Regelungen Gebrauch gemacht werden kann. Es bleibt zu hoffen, dass das BMF die OECD-Vorgaben entsprechend umsetzt.

Zeitlich unbegrenzt ist zudem für unwesentliche Geschäftseinheiten vorgesehen, dass sich der Steuererhöhungsbetrag auf Null Euro reduziert, wenn ein Antrag gestellt und die Voraussetzungen dazu erfüllt sind. Als unwesentliche Geschäftseinheit gilt dabei eine Gesellschaft, die nach Wesentlichkeitserwägungen nicht in den testierten Konzernabschluss einbezogen wird. Zudem muss einer von drei alternativen Tests erfüllt sein, die wiederum auf vereinfachten Berechnungen auf Basis von CbCR-Daten fußen. Diese unbefristeten Tests entsprechen jedoch nur auf den ersten Blick den zeitlich begrenzten CbCR basierten Safe Harbour-Regelungen.

Was ergibt sich daraus für die Praxis?

Betroffene Unternehmen müssen sich - soweit nicht bereits geschehen - intensiv mit den Vorgaben zur Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für die Prüfung des effektiven Steuersatzes auseinandersetzen (mehr zu aktuellem Handlungsbedarf lesen Sie hier). Dabei kann der im jeweiligen Steuerhoheitsgebiet vorgesehene Nominalsteuersatz nicht mehr als nur einen groben Hinweis auf etwaig zu zahlende Ergänzungssteuern geben. Denn durch die umfangreichen Anpassungen sowohl des maßgeblichen Mindeststeuer-Gewinns als auch der zu berücksichtigenden Steuern können sich hier erhebliche Abweichungen ergeben. Unerlässlich zur Ermittlung der Berechnungsgrundlagen wird dabei ein entsprechend angepasstes konzerninternes Reporting sein, das weit über die bisherigen Reporting Packages im Zusammenhang mit der Konzernrechnungslegung hinausgeht.

Ob von einer der Vereinfachungsregelungen basierend auf CbCR-Daten Gebrauch gemacht werden kann, lässt sich praxisorientiert und effizient mit unserem toolbasierten Beratungsansatz zu den CbCR-basierten Safe Harbour-Regelungen abschätzen (mehr dazu erfahren Sie hier).