Auszahlung eines Provisionsanspruchs in Kryptowährung
Ein Arbeitnehmer kann unter bestimmten Voraussetzungen die Auszahlung von Provisionen in der Kryptowährung Ether auf ein vom Arbeitnehmer zu bezeichnendes Wallet verlangen.
In seinem Urteil vom 10.04.2024 (Az. 19 Sa 29/23) geht das LAG Baden-Württemberg auf zahlreiche interessante Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Auszahlung eines Provisionsanspruchs in Kryptowährung ein.
Zunächst stellt es klar, dass der Klageantrag zutreffend auf die Übertragung von Ether-Einheiten gerichtet gewesen sei, denn Kryptowährungen sind gemäß § 1 Abs. 4 Satz 4 KWG digitale Darstellungen eines Wertes, die nicht von einem Emittenten ausgegeben werden. Sie seien kein Geld im zivilrechtlichen Sinn, auch kein elektronisches Geld. Auch war der Antrag trotz der starken Kursschwankungen bei Kryptowährungen ausreichend bestimmt, § 253 ZPO, denn auch klassische Währungen unterlägen in gewissem Umfang Kursschwankungen.
Kryptowährungen können nur einem Wallet zugewiesen werden, wobei jedes Wallet eine individuelle Adresse besitzt. Mit Verweis auf eine ähnliche Konstellation bei einem Bankkonto hielt es das LAG nicht für erforderlich, ein bestimmtes Wallet in den Klageantrag aufzunehmen und führte dazu aus, dass auch ein Bankkonto im Klageantrag nicht angegeben werden müsse.
Weiter erachtete das LAG die arbeitsvertragliche Regelung, wonach die Provisionen in Ether auszuzahlen waren, für wirksam, wenngleich gemäß § 107 Abs. 1 GewO Arbeitsentgelt grundsätzlich in Euro auszuzahlen ist. Das LAG würdigte vor diesem Hintergrund Kryptowährungen als Sachbezug, der als Teil des Arbeitsentgelts vereinbart werden könne, wenn dies dem Arbeitnehmerinteresse oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspreche. Einschränkend gelte dies aber nur für den Teil der Provisionen, der die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts übersteigt. Gemäß § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO sei der unpfändbare Teil des Entgelts in Geld auszuzahlen, damit Beschäftigte innerhalb des Abrechnungszeitraums über ein bestimmtes Mindesteinkommen verfügen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Bis zu dieser Höhe sei die Vereinbarung über die Sachbezüge nichtig, § 134 BGB, und bereits geleistete Ether-Bezüge hätten keine Erfüllungswirkung. Die in der Vergangenheit gewährten Sachleistungen seien an den Arbeitgeber nach den Bereicherungsgrundsätzen herauszugeben, § 812 ff. BGB.
Klargestellt wurde zudem, wie und vor allem zu welchem Zeitpunkt die Provisionen von Euro in Ether umzurechnen sind: Der Anspruch war auf die Übertragung von Ether-Einheiten gerichtet, die den in Eurobeträgen errechneten Bruttoprovisionsansprüchen zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt entsprachen. Dabei müsse man sich an § 87c HGB orientieren, wonach Provisionsansprüche jeweils zum Ende des nachfolgenden Monats fällig und dieses Datum als Umrechnungszeitpunkt zugrunde zu legen sei.
Hinweis: Gegen das Urteil wurde Revision beim BAG unter dem Az. 10 AZR 80/24 eingelegt.
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