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Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen

11.01.2023 | 2 Minuten Lesezeit

Auch in den bestgeführten Unternehmen kann es zur Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten durch Mitarbeiter kommen. Die Unternehmensverantwortlichen sind dann verpflichtet, möglichen Verdachtslagen nachzugehen, den Verstoß aufzuklären und gegebenenfalls zu ahnden; in einer Vielzahl von Konstellationen gibt es in diesem Zusammenhang Anzeige- und Korrekturverpflichtungen.

Angesichts stetig steigender Compliance-Anforderungen sind Unternehmen in den letzten Jahren vermehrt ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten. Auch machen zahlreiche Urteile deutlich, dass die Unternehmensverantwortlichen – unabhängig von der Gesellschaftsform – verpflichtet sind, Compliance Management Systeme (CMS) einzurichten.

Ein funktionierendes CMS setzt unter anderem voraus, dass Vorstand bzw. Geschäftsführung entsprechend reagieren, wenn Anhaltspunkte für strafbares Verhalten in ihrem Unternehmen festgestellt werden.

Während die Ermittlungsbehörden den Fokus in früheren Zeiten in solchen Fällen nahezu ausschließlich auf die „unternehmensinternen Straftäter" gelegt haben, wird nunmehr immer häufiger zusätzlich geprüft, inwieweit die Unternehmensverantwortlichen adäquat auf mögliche Anhaltspunkte für Straftaten in ihrem Unternehmen reagiert haben.

Sofern die Führungsebene nicht entsprechend reagiert, , kann dies ein mögliches Unterlassensdelikt (§ 13 StGB), , eine Verletzung der Aufsichtspflicht (§ 130 OWiG) oder bei der Nichtbeachtung steuerlicher Korrekturpflichten nach § 153 AO eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO) darstellen und somit durchaus erhebliche Konsequenzen zur Folge haben.

Daher ist es für die Verantwortlichen sehr wichtig, etwaigen Verdachtslagen unverzüglich nachzugehen. Hierbei sind jedoch zahlreiche rechtliche Fallstricke zu beachten. Zunächst ist zu prüfen, welcher Tatvorwurf, d. h. welches Delikt, überhaupt im Raum steht. Ohne eine solche Vorprüfung ist eine sinnvolle Sachverhaltsaufarbeitung unmöglich. So verlangt beispielsweise der Verdacht der Untreue nach § 266 StGB gänzlich andere Schritte als die Aufarbeitung etwaiger Korruptionsdelikte (vgl. §§ 299 StGB ff. sowie 331 StGB ff.). Zudem lösen verschiedene Straftaten unterschiedliche Anzeige- und Korrekturverpflichtungen aus. Nicht selten führen unternehmensinterne Unregelmäßigkeiten auch zu einem – unverzüglichen – steuerlichen Korrekturbedarf.

Die zutreffende rechtliche Einordnung bestimmt selbstverständlich auch den zeitlichen Umfang der notwendigen Aufklärungsmaßnahmen. Ergänzend müssen frühzeitig strafrechtliche Fristen (Verjährungs- und Antragsfristen) in die Überlegungen miteinbezogen werden.

Als Aufklärungsmaßnahmen kommen üblicherweise

  • Mitarbeiterbefragungen
  • Befragung/Anhörung des möglichen „Täters“
  • E-Mail-Screening
  • Inaugenscheinnahme des Arbeitsplatzes sowie
  • Sichtung von Dokumenten

in Betracht. In diesem Zusammenhang sind neben den strafrechtlichen Rahmenbedingungen durchgängig arbeitsrechtliche Vorgaben sowie etwaige datenschutzrechtliche Regelungen zu beachten. So ist beispielsweise von einer rechtlich unvorbereiteten Befragung dringend abzuraten (ein Unternehmen hat gerade keine polizeilichen Befugnisse). Auch sollte die Durchsicht von E-Mails niemals ohne eine im Vorfeld eingeholte Rechtsprüfung erfolgen.

Auch wenn der Drang, einen möglichen Straftäter ggf. zeitnah „vor die Tür setzen zu wollen" in einigen Fällen durchaus groß sein kann, können rechtliche Fehler bei der Aufklärung sehr teuer werden und nicht selten die Untersuchungsergebnisse vollständig gefährden. Umgekehrt darf bei Anhaltspunkten für strafrechtlich relevante Handlungen im Unternehmen niemals „weggesehen" werden, auch wenn eigene Ermittlungen gegen langjährige Mitarbeiter sehr unangenehm sein können.

Für die Unternehmen ist es im Übrigen immer vorteilhaft, Sachverhalte proaktiv aufzuklären und auf diesem Wege etwa auch das Risiko von unangenehmen Überraschungsbesuchen durch Ermittlungsbehörden erheblich zu verringern.