Koalitionsvertrag: Ausreichende steuerliche Impulse für den Mittelstand?

23.04.2025 | < 2 Minuten Lesezeit

Der Koalitionsvertrag vom 09.04.2025 beinhaltet eine Reihe steuerlicher Maßnahmen, die Unternehmen entlasten und die Wirtschaft wieder in Schwung bringen sollen. Doch sind die Maßnahmen ausreichend um den „Motor Mittelstand“ wieder ins Rollen zu bringen?

Wir nehmen die steuerpolitischen Maßnahmen des Koalitionsvertrags genauer unter die Lupe und stellen diese den steuerpolitischen Forderungen gegenüber, die wir in unserem Beitrag vom 20.01.2025 aus Sicht mittelständischer Unternehmen formuliert haben. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Frage, ob die geplanten Maßnahmen tatsächlich geeignet und ausreichend sind, um den Mittelstand kurzfristig effektiv zu entlasten.

Steuerpolitische Forderungen, die Eingang in das Koalitionspapier gefunden haben

Eine Reihe an geplanten steuerpolitischen Maßnahmen des Koalitionsvertrags decken sich weitestgehend mit unseren Forderungen für den Mittelstand. Letztlich wird es aber auch immer auf die konkrete Ausgestaltung der jeweiligen Maßnahme ankommen, die im Koalitionspapier regelmäßig nicht oder nur vage thematisiert wird.

Degressive AfA als Anreiz für Investitionen

Besonders begrüßenswert aus Sicht mittelständischer Unternehmen ist, dass verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden haben. Konkret soll laut Koalitionsvertrag eine 30-prozentige degressive AfA für die Jahre 2025, 2026 und 2027 auf sog. Ausrüstungsinvestitionen eingeführt werden. Insbesondere in Kombination mit der geplanten Körperschaftsteuersenkung in fünf Schritten um jeweils 1 % ab 2028 könnte die Maßnahme die Investitionsbereitschaft deutlich erhöhen und nachhaltig für steuerliche Entlastung sorgen. Inwieweit die vorgesehene AfA tatsächlich als Investitions-Booster wirkt, ist aber auch davon abhängig, was unter den Begriff der „Ausrüstungsinvestitionen“ letztlich gefasst wird.

Besteuerung von Personengesellschaften verbessern

Damit grundsätzlich auch Personengesellschaften von der geplanten Körperschaftsteuersenkung profitieren können, soll laut Koalitionsvertrag - wie auch von uns thematisiert - die Option zur Körperschaftsbesteuerung i. S. d. § 1a KStG und die Thesaurierungsbesteuerung nach § 34a EStG verbessert werden. Konkrete Verbesserungsvorschläge sind im Koalitionspapier nicht genannt. Sollte es tatsächlich gelingen, die bestehenden Anwendungsbarrieren zu beseitigen, wäre dies ein echter Fortschritt für den Mittelstand.

Verbesserung der Forschungszulage für Innovationen

Ebenso soll die Forschungszulage verbessert werden. Laut Koalitionsvertrag soll sowohl der Fördersatz als auch die Bemessungsgrundlage deutlich angehoben werden. Konkrete Zahlen sind im Papier allerdings nicht genannt. Zur Stärkung heimischer Unternehmen im internationalen bleibt zu hoffen, dass die Erhöhungen großzügig ausfallen.

Internationales Steuerrecht vereinfachen

Im Bereich des internationalen Steuerrechts enthält der Koalitionsvertrag insbesondere Ausführungen zur globalen Mindeststeuer. Die Aussagen hierzu sind jedoch ambivalent: Zum einen bekennt sich die Koalition zur globalen Mindeststeuer für große Konzerne und zum anderen betont sie unter der Überschrift „Aussetzung der globalen Mindeststeuer“, die Auswirkungen auf die globale Steuerarchitektur zu beobachten und sich dafür einzusetzen, dass daraus keine Benachteiligung für deutsche Unternehmen resultiert. Jedenfalls scheinen die Koalitionsparteien die globale Mindeststeuer vereinfachen zu wollen, was grundsätzlich zu begrüßen ist. Die Bestrebungen, das internationale Steuerrecht für Mittelständler zu vereinfachen, sollten sich aber, wie von uns im Beitrag vom 20.01.2025 dargelegt, nicht auf die globale Mindeststeuer beschränken.

Digitalisierung der Finanzverwaltung

Das Thema Digitalisierung zieht sich durch das gesamte Koalitionspapier. Im Kapital „Haushalt, Finanzen und Steuern“ heißt es hierzu, dass die Finanzverwaltung mit stärkerer Digitalisierung und künstlicher Intelligenz gestärkt werden soll. Die digitale Abgabe von Steuererklärungen soll schrittweise verpflichtend und die vorausgefüllte automatisierte Steuererklärung sukzessiv ausgeweitet werden. Wenngleich die Bestrebungen der Digitalisierung der Finanzverwaltung grundsätzlich in die richtige Richtung gehen, sollten die Digitalisierungsmaßnahmen im Steuerbereich deutlich über die vollautomatisierte Steuererklärung hinausgehen. Es sollte vielmehr, wie in unserem Beitrag vom 20.01.2015 dargelegt, eine digitale Lösung angestrebt werden mit der der gesamte Steuerdeklarationsprozess, von der Übermittlung der Steuerdeklaration bis hin zur Übermittlung der Betriebsprüfungsergebnisse, im digitalen Austausch mit der Finanzverwaltung abgewickelt werden kann.

Steuerpolitische Forderungen, die im Koalitionsvertrag nicht erwähnt werden

Andere von uns geforderte Reformmaßnahmen für mittelständische Unternehmen haben leider keinen oder nur sehr vagen Eingang in das Koalitionspapier gefunden - trotz dringend erforderlichen Handlungsbedarfs.

Umstrukturierungen vereinfachen

Im Koalitionsvertrag werden keine Vorschläge für eine Reform des Umwandlungssteuerrechts gemacht. Wie in unserem Beitrag vom 20.01.2025 dargelegt, besteht allerdings dringender Handlungsbedarf, die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Umstrukturierung zu vereinfachen und Umstrukturierungshemmnisse abzubauen. Dies gilt umso mehr angesichts der disruptiven wirtschaftlichen Entwicklungen, die immer mehr mittelständische Unternehmen zu Umstrukturierungen zwingen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Thema lediglich wegen seiner Komplexität nicht in den Koalitionsverhandlungen berücksichtigt wurde, es aber gleichwohl in der anstehenden Legislaturperiode angegangen wird.

Entlastungen bei der Gewerbesteuer

Das Koalitionspapier enthält bedauerlicherweise keine Entlastungen bei der Gewerbesteuer. Ganz im Gegenteil ist eine Anhebung des Mindesthebesatzes auf 280 % vorgesehen. Gerade mit Blick auf eine drohende Substanzbesteuerung, wie in unserem Beitrag vom 20.01.2025 dargelegt, sollten aber zumindest die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen deutlich reduziert werden. Damit wäre dann auch dem Problem entgegengewirkt, dass die Gewerbesteuer im internationalen Vergleich einen Hemmschuh darstellt und sich Mittelständler im internationalen Wettbewerb benachteiligt sehen.

Bürokratielasten abbauen

In steuerlicher Hinsicht bleiben die angekündigten Maßnahmen zur Entbürokratisierung im Koalitionsvertrag eher vage und hinter unseren Forderungen zurück. Als Maßnahmen werden im Koalitionsvertrag insbesondere Steuerpauschalierungsmöglichkeiten genannt. Ankündigungen zur dringend notwenigen Reduzierung von steuerlichen Meldepflichten enthält das Papier hingegen nicht. Abseits des Steuerbereichs ist die geplante Abschaffung des nationalen Lieferkettengesetzes im Interesse unserer mittelständischen Mandanten positiv hervorzuheben.

Planungssicherheit

Das Koalitionspapier enthält zwar eine Reihe an steuerlichen Begünstigungen, lässt aber keine klare Linie erkennen, welches wirtschaftliche Verhalten staatlich gefördert werden soll. Angesichts der zahlreichen nationalen und internationalen Melde- und Antimissbrauchsvorschriften bleibt ebenfalls unklar, welches Ziel die zukünftigen Regierungsparteien verfolgen – Deregulierung oder Verschärfung? Wie in unserem Beitrag vom 20.01.2025 erläutert, ist Planungssicherheit für mittelständische Unternehmen von ganz entscheidender Bedeutung. Daher wären eine klare Kommunikation und konsequente Umsetzung der rechtlichen Rahmenbedingungen wünschenswert.

Fazit

Der Koalitionsvertrag enthält einige erfreuliche steuerpolitische Ankündigungen, die Mittelständlern steuerliche Entlastung in Aussicht stellen, insbesondere durch verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten und durch die Körperschaftsteuersenkung. Andere dringend erforderliche Maßnahmen, wie Reformen im Bereich des Umwandlungssteuer- und Gewerbesteuerrechts, bleiben im Koalitionspapier allerdings unerwähnt. Es bleibt zu hoffen, dass diese Themen dennoch in der kommenden Legislaturperiode aufgegriffen werden, um den Mittelstand umfassend steuerlich zu entlasten.