Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen (§ 4k EStG)
Mit einem umfassenden Anwendungsschreiben geht das BMF auf die Betriebsausgabenabzugsbeschränkungen nach § 4k EStG ein, die grundsätzlich auf nach dem 31.12.2019 entstandene Aufwendungen anzuwenden sind.
In Umsetzung der Vorgaben von Art. 9 und 9b ATAD wurden in 2021 mit § 4k EStG rückwirkend anzuwendende Regelungen eingeführt, um Besteuerungsinkongruenzen in Zusammenhang mit hybriden grenzüberschreitenden Gestaltungen zu neutralisieren.
Nachdem bereits im Juli 2023 eine Entwurfsfassung vorlag, geht das BMF nun in seinem punktuell veränderten, finalen Anwendungsschreiben vom 05.12.2024 (Az. IV C 2 - S 2144-i/21/10010 :014) auf die in § 4k EStG geregelten Anwendungsfälle ein. Das BMF wendet das Schreiben auf alle offenen Fälle an.
Persönlicher Anwendungsbereich
In den persönlichen Anwendungsbereich des § 4k EStG fallen Sachverhalte zwischen nahestehenden Personen i. S. v. § 1 Abs. 2 AStG, zwischen einem Unternehmen und seiner ausländischen Betriebsstätte und im Rahmen einer strukturierten Gestaltung. Ein Nahestehen i. S. v. § 1 Abs. 2 AStG wird dabei fingiert, wenn aufgrund eines abgestimmten Verhaltens die Beteiligung, die Stimmrechte und der Gewinnbezugsrechte einer anderen Person zugerechnet werden. Zur Erläuterung, wann von einem abgestimmten Verhalten auszugehen ist, verweist das BMF im finalen Schreiben auf die Ausführungen im BMF-Schreiben vom 22.12.2023 (kurz auch AStG-Anwendungsschreiben, BStBl. I Sondernr. 1/2023, S. 2, Rn. 292 f.) und schafft damit Klarheit (Rn. 9).
Besteuerungsinkongruenz durch hybride Finanzinstrumente oder Übertragungen
Nach § 4k Abs. 1 EStG unterliegen Aufwendungen einem Abzugsverbot, wenn hybride Finanzinstrumente, die zu einer abweichenden steuerlichen Qualifikation führen, oder hybride Übertragungen vorliegen, die eine abweichende steuerliche Zurechnung auslösen. Als Beispiele für hybride Finanzinstrumente werden Wandelanleihen, Hybriddarlehen, typisch stille Beteiligungen, Genussrechte und partiarische Darlehen genannt. Eine abweichende Zurechnung kann aus Wertpapierleihen oder sog. Repo-Geschäften resultieren (Rn. 19).
Das Abzugsverbot greift, wenn die den Aufwendungen entsprechenden Erträge nicht oder niedriger besteuert werden als bei dem deutschen Recht entsprechender Qualifikation oder Zurechnung. Mit dem finalen Schreiben führt das BMF aus, dass es von einer Besteuerung ausgeht, wenn die Erträge in die Bemessungsgrundlage einer Hinzurechnungsbesteuerung einbezogen werden. Hierunter fallen allerdings nicht Systeme, die eine rechtsträgerübergreifende Verrechnung zulassen, wie dies z. B. bei der globalen Mindeststeuer der Fall ist (Rn. 30).
Klarstellend führt das BMF zudem aus, dass im Fall einer niedrigeren Besteuerung der Erträge die Aufwendungen in Höhe des prozentualen Anteils abziehbar sind, der einer entsprechenden hypothetischen Besteuerung nach deutschen Vorgaben entspricht (Rn. 37). Ein vollständiges Abzugsverbot greift damit nur bei Nichtbesteuerung der Erträge.
Besteuerungsinkongruenz durch abweichende steuerliche Behandlung des Steuerpflichtigen oder schuldrechtlicher Beziehungen
Von § 4k Abs. 2 EStG werden laut BMF Qualifikationskonflikte hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Rechtsträgern erfasst. Hierzu gehören insb. Aufwendungen von im Inland als steuerlich intransparent anzusehende Steuerpflichtige, die im Ausland als steuerlich transparente Rechtsträger angesehen werden (hybride Rechtsträger). Auch fallen hierunter Fälle, in denen ein inländischer Steuerpflichtiger im Ausland aufgrund des dort bestehenden Wahlrechts als steuerlich transparent oder als Nicht-Steuersubjekt behandelt wird, wie dies z. B. bei der Check-the-Box-Regelung in den USA möglich ist (Rn. 43 f.).
Auch hier sind Aufwendungen bei anteiliger Nichtbesteuerung der den Aufwendungen entsprechenden Erträge in Höhe des Anteils der Nichtbesteuerung außerbilanziell hinzuzurechnen (Rn. 51).
Zur Ausnahmeregelung für doppelt berücksichtigte Erträge, wenn also nachweislich den Aufwendungen Erträge desselben Steuerpflichtigen gegenüberstehen, die auch im Ausland einer tatsächlichen Besteuerung unterliegen, fügt das BMF mit dem finalen Schreiben eine Billigkeitsregelung ein. Demnach ist aus Billigkeitsgründen regelmäßig auch dann von doppelt berücksichtigten Erträgen auszugehen, wenn den Aufwendungen gegenüberstehende Erträge des Steuerpflichtigen, die auf einer konzerninternen Leistungsbeziehung beruhen und die im Inland einer tatsächlichen Besteuerung unterliegen, aufgrund der abweichenden steuerlichen Behandlung des Steuerpflichtigen im Ausland nicht zu einer Berücksichtigung der diesen Erträgen entsprechenden Aufwendungen führen (sog. „No-Deduction/Inclusion-Inkongruenz“ Rn. 53).
Besteuerungsinkongruenz bei umgekehrt hybriden Rechtsträgern und Zuordnungskonflikte bei Betriebsstätten
Als Auffangnorm zu den vorgehenden Fällen erfasst § 4k Abs. 3 EStG insb. Leistungen an umgekehrt hybride Rechtsträger und Betriebsstättensachverhalte mit abweichender Gewinnzuordnung zwischen Unternehmensteilen. Hier behält das BMF seine Ausführungen, die bereits im Entwurfsschreiben enthalten waren, bei. Hinsichtlich der Auffangnorm ist zu beachten, dass § 4k Abs. 3 EStG keine Ausnahmeregelung für doppelt berücksichtigte Erträge enthält.
Besteuerungsinkongruenz durch doppelten Betriebsausgabenabzug
Werden Aufwendungen doppelt berücksichtigt und mindern sowohl im Inland als auch im Ausland die steuerliche Bemessungsgrundlage, sieht § 4k Abs. 4 EStG ein Betriebsausgabenabzugsverbot vor. Im Entwurfsschreiben war hierzu noch ausgeführt, dass auch eine Berücksichtigung im Rahmen einer Hinzurechnungsbesteuerung zu einem doppelten Betriebsausgabenabzug i. d. S. führen würde. Im finalen Schreiben wird dies ausdrücklich verneint. Ebenso liegt - wie bisher bereits ausgeführt - keine Doppelberücksichtigung vor, soweit Aufwendungen ausschließlich für Zwecke eines negativen Progressionsvorbehalts im Ausland berücksichtigt werden (Rn. 75).
Importierte Besteuerungsinkongruenz
Schließlich ist in § 4k Abs. 5 EStG ein Abzugsverbot vorgesehen, das nachrangig zur Anwendung kommt, wenn zwar Deutschland an Besteuerungsinkongruenzen nicht unmittelbar beteiligt ist, diese aber über eine oder mehrere Transaktionen ins Inland verlagert werden. Dazu hat das BMF die bisherigen umfassenden Ausführungen laut seinem Entwurfsschreiben unverändert übernommen.
Beweisverteilung und Nachweispflichten
Abschließend wird ausgeführt, wer aus Sicht der Finanzverwaltung die Beweislast trägt und Nachweise zu erbringen hat. Dabei geht das BMF zwar davon aus, dass das Vorliegen der Voraussetzungen der Anwendungsfälle des § 4k EStG durch die Finanzverwaltung festzustellen ist, den Steuerpflichtigen aber wegen der Maßgeblichkeit der steuerlichen Behandlung der Vorgänge im Ausland erhöhte Mitwirkungspflichten treffen (Rn. 121). Kommt der Steuerpflichtige seinen erhöhten Mitwirkungspflichten nicht nach, kann die Finanzverwaltung für den Steuerpflichtigen nachteilige Schlüsse ziehen und zwar auch hinsichtlich solcher Tatsachen welche sie grundsätzlich zu beweisen hat. Damit sieht das BMF, wie schon im Entwurf ausgeführt, den Steuerpflichtigen in der Pflicht, alle Unterlagen zu beschaffen und einzureichen, die zur Sachverhaltsprüfung erforderlich sind. Abstrakte Darstellungen werden dabei regelmäßig als nicht ausreichend angesehen. Vielmehr sind Buchhaltungsunterlagen der beteiligten ausländischen Rechtsträger und auf den konkreten Sachverhalt bezogene Auskünfte, Steuerbescheide oder Bestätigungen der ausländischen Finanzbehörden beizubringen (Rn. 122).
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