Klärung zu grenzüberschreitenden Gruppenfinanzierungen
Das BMF veröffentlichte am 12.12.2024 die aktualisierten Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2024, worin auch auf die neuen Vorgaben für grenzüberschreitende Gruppenfinanzierungen nach § 1 Abs. 3d AStG eingegangen und deren Anwendung in einigen Punkten geklärt wird.
Zeitliche Vorgaben zur Anwendung
Grundsätzlich sind die zusätzlichen Vorgaben nach § 1 Abs. 3d AStG bereits für den Veranlagungszeitraum 2024 zu beachten, damit Aufwendungen aus grenzüberschreitenden Fremdfinanzierungen innerhalb einer Unternehmensgruppe steuerlich anerkannt werden. Allerdings ist für Altfälle eine „Schonfrist“ vorgesehen, so dass erst nach dem 31.12.2024 entstehende Aufwendungen unter die Regelungen fallen. Als Altfälle gelten Finanzierungsbeziehungen, die zivilrechtlich wirksam vor dem 01.01.2024 vereinbart wurden und deren tatsächliche Durchführung vor dem 01.01.2024 begonnen hat.
Damit gilt letztlich, dass bei nach dem 31.12.2023 neu vereinbarten Finanzierungsbeziehungen die Aufwendungen insgesamt sowie bei Altfällen, wenn in 2024 wesentliche Änderungen an der zugrundeliegenden Vereinbarung vorgenommen wurden, ab dem Zeitpunkt der Modifikation den Vorgaben des § 1 Abs. 3d AStG unterliegen. Bei Altfällen sind die Vorgaben hinsichtlich der Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2024 anfallen.
Zu prüfende zusätzliche Voraussetzungen
Nach § 1 Abs. 3d AStG werden grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehungen innerhalb einer Unternehmensgruppe dem Grunde nach nur steuerlich anerkannt, wenn
- die Kapitaldienstfähigkeit,
- die wirtschaftliche Notwendigkeit der Fremdfinanzierung und
- die Verwendung für den Unternehmenszweck
des Schuldners glaubhaft gemacht werden kann.
Der Höhe nach werden Aufwendungen steuerlich nur anerkannt, soweit der zu entrichtende Zinssatz nicht den Zinssatz übersteigt, der zwischen fremden Dritten unter Berücksichtigung des Ratings für die Unternehmensgruppe vereinbart worden wäre.
Klärung durch das BMF
Das BMF geht in den aktualisierten Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise 2024 auf die einzelnen Kriterien ein. Bereits im Rahmen eines im August 2024 veröffentlichten Entwurfs zeigte sich das BMF für eine praxistaugliche Anwendung der Kriterien offen. Diese Tendenz verstärkt sich erfreulicherweise durch die nun in der finalen Verlautbarung enthaltenen Ausführungen.
Konkret finden sich u. a. folgende Erläuterungen zu den einzelnen Kriterien:
- Die Kapitaldienstfähigkeit erfordert grundsätzlich, dass zu Beginn der Finanzierungsbeziehungen ausreichend Vermögenswerte oder Zahlungsflüsse zu erwarten sind, um die gesamten Tilgungs- und Zinszahlungen zu leisten. Anschlussfinanzierungen können dabei in die Betrachtung mit einbezogen werden. Die Notwendigkeit einer solchen führt nicht bereits zur Fremdunüblichkeit der Kapitalüberlassung. Die Fremdüblichkeit der Kapitalüberlassung ist in der Gesamtschau der Verhältnisse zu beurteilen. Hierbei sind Indikatoren wie das Vorhandensein eines festen Rückzahlungstermins, die Verpflichtung und die Modalitäten zur Zahlung von Zinsen, das Recht auf Durchsetzung der Kapital- und Zinszahlung sowie die Fähigkeit des Empfängers der finanziellen Mittel, Darlehen unter vergleichbaren Bedingungen von unabhängigen Dritten aufzunehmen, zu berücksichtigen. In Altfällen ermöglicht das BMF die Glaubhaftmachung der Kapitaldienstfähigkeit aus Vereinfachungsgründen auch zum 31.12.2024. Ebenso vereinfachend ergänzte das BMF in seinem finalen Schreiben, dass bei kurzfristigen Kapitalüberlassungen, insb. aus einem Cash Pool, regelmäßig von der Kapitaldienstfähigkeit auszugehen ist. Auch soll die Kapitaldienstfähigkeit zu bejahen sein, wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Finanzierungsvereinbarung ein Rating im Investmentgrade-Bereich vorliegt, d. h. mindestens ein Rating von „BBB“ (Standard & Poor´s) oder „Baa“ (Moody´s) vorliegt.
- Die wirtschaftliche Notwendigkeit der Fremdfinanzierung liegt laut klarstellenden Ausführungen des BMF insb. dann vor, wenn die Finanzierung für den Betrieb oder zur Aufrechterhaltung der Geschäftsfähigkeit erforderlich ist, wenn also z. B. Betriebsmittel oder Investitionen in Anlagen finanziert werden sollen. Allerdings hält das BMF weiter an der bereits aus dem im August 2024 veröffentlichten Entwurf bekannten Renditebetrachtung fest, wonach eine begründete Aussicht auf eine Rendite bestehen müsse, die die Finanzierungskosten deckt.
- Eine Verwendung für den Unternehmenszweck liegt laut BMF nicht vor, wenn die Mittel auf Tagesgeldkonten oder in einen unternehmensgruppeninternen Cash Pool angelegt werden. Mit dem finalen Schreiben führt das BMF dazu allerdings weiter aus, dass das Vorhalten von fremdüblichen Liquiditätsreserven oder Kapitalpuffern dadurch nicht ausgeschlossen werde. Möglich sein soll auch, dass Gewinnausschüttungen finanziert werden. Diese Öffnung der Mittelverwendung schränkt das BMF nun allerdings dadurch ein, dass die darlehensfinanzierten Gewinnausschüttungen der üblichen Ausschüttungspolitik des ausschüttenden Unternehmens entsprechen müssen.
- Klarstellend führt das BMF zur Beschränkung der Anerkennung der Finanzierungsbeziehungen der Höhe nach aus, dass nur insoweit eine Korrektur vorzunehmen ist, als der vereinbarte Zinssatz sich außerhalb der Bandbreite der fremdüblichen Zinssätze bewegt. Hinsichtlich der Prüfung der Fremdüblichkeit und des dabei zu berücksichtigenden Ratings lässt das BMF auch ein vom Unternehmensgruppenrating abweichendes Rating zu. Erforderlich ist dazu allerdings, dass die strategische Bedeutung des Darlehensnehmers für die Unternehmensgruppe nachgewiesen wird. Vereinfachend möglich ist laut BMF, ein von einem fremden Dritten genutztes Rating heranzuziehen, wenn eine vergleichbare und zeitnahe Finanzierungssituation vorliegt, die auch tatsächlich durchgeführt wird. Daneben erwähnt das BMF auch die Möglichkeit, die von der Deutschen Bundesbank erstellte Bonitätsanalyse für die Unternehmensgruppe heranzuziehen, wobei hier in der Praxis zu beachten sein wird, dass eine solche Analyse nicht für alle Finanzierungsanlässe sachgerecht und angemessen sein wird. Akzeptiert wird zudem auch ein Rating, das mittels einer am Markt üblichen Ratingsoftware erstellt wird und bei der dokumentiert wird, wie qualitative und quantitative Faktoren beim Rating berücksichtigt wurden.
Fazit
Die Erläuterungen des BMF mit dem Schreiben vom 12.12.2024 sind zu begrüßen, da sie die praktische Anwendung der sehr abstrakt und offen formulierten Vorgaben des § 1 Abs. 3d AStG erleichtern. Unternehmen sollten bereits im Rahmen geplanter Gruppenfinanzierungen diese Vorgaben berücksichtigen, um steuerliche Nachteile zu vermeiden. Dabei bleibt abzuwarten, inwiefern die bislang hinsichtlich grenzüberschreitender Finanzierungsbeziehungen formulierten Vorgaben auch Ausstrahlwirkung auf die steuerliche Anerkennung innerstaatlicher Vereinbarungen haben werden.
Neben § 1 Abs. 3d AStG wurde zudem ebenso bereits zur erstmaligen Anwendung im Veranlagungszeitraum 2024 § 1 Abs. 3e AStG eingefügt. Die darin enthaltenen Neuerungen betreffen die Vermittlung und Weiterleitung von gruppeninternen Finanzierungsbeziehungen. In Bezug auf die Anwendung des § 1 Abs. 3e AStG enthalten die Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2024 keine nennenswerten Änderungen gegenüber dem im August 2024 veröffentlichten Entwurf.
Um angesichts dieser zusätzlichen gesetzlichen Vorgaben Finanzierungsvereinbarungen innerhalb einer Unternehmensgruppe möglichst rechtssicher ausgestalten zu können, bietet es sich jedenfalls an, den vorgesehenen Zinssatz unter Berücksichtigung der weiteren Finanzierungsbedingungen durch eine Benchmarking-Studie auf deren Fremdüblichkeit hin zu prüfen. Wir bieten dazu maßgeschneiderte Lösungen an, die wir Ihnen gerne persönlich erläutern.
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