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Rechtsberatung

Verfall virtueller Optionsrechte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Eine Re­ge­lung in einem Mit­ar­bei­ter­be­tei­li­gungs­pro­gramm über vir­tu­elle Op­ti­ons­rechte zum er­satz­lo­sen Ver­fall al­ler Be­zugs­rechte bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ist zulässig. Dem Ar­beit­neh­mer wird nur eine Ver­dienst­chance ent­zo­gen.

Mit­ar­bei­ter­be­tei­li­gungs­pro­gramme er­freuen sich zu­neh­mend an Be­liebt­heit. Da­bei wird im­mer häufi­ger auf die Ge­stal­tung durch vir­tu­elle Op­ti­ons­rechte zurück­ge­grif­fen. Vir­tu­elle Op­tio­nen ha­ben den Vor­teil, dass Ar­beit­neh­mer keine „echte“ Be­tei­li­gung am Un­ter­neh­men des Ar­beit­ge­bers, aber den­noch die Chance er­hal­ten, an der Ent­wick­lung des Un­ter­neh­mens zu par­ti­zi­pie­ren. Bei der ar­beits­ver­trag­li­chen Ge­stal­tung stellt sich re­gelmäßig die Frage, wie mit den vir­tu­el­len Op­tio­nen von aus­ge­schie­de­nen Ar­beit­neh­mern ver­fah­ren wer­den kann, wenn das Ausübungs­er­eig­nis bis zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses noch nicht ein­ge­tre­ten ist. Denn es be­ste­hen wi­der­strei­tende In­ter­es­sen: Auf der einen Seite hat der Ar­beit­ge­ber kein In­ter­esse mehr daran, den aus­ge­schie­de­nen Ar­beit­neh­mer an der wei­te­ren Ent­wick­lung des Un­ter­neh­mens zu be­tei­li­gen. Auf der an­de­ren Seite hat der Ar­beit­neh­mer mögli­cher­weise kei­nen An­lass für eine Kündi­gung ge­ge­ben und erhält den­noch kei­nen Ge­gen­wert für die gewähr­ten Op­tio­nen.

Nach ei­ner ak­tu­el­len Ent­schei­dung des LAG München (Ur­teil vom 07.02.2024, Az. 5 Sa 98/23) ist die Re­ge­lung ei­nes suk­zes­si­ven Ver­falls über 24 Mo­nate von be­reits ausübbar ge­wor­de­nen („ge­ves­te­ten“) vir­tu­el­len Op­tio­nen nach Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zulässig. Sie be­nach­tei­ligt den Ar­beit­neh­mer nicht un­an­ge­mes­sen. Dem Ar­beit­neh­mer wird le­dig­lich eine Ver­dienst­chance ent­zo­gen. Mit­ar­bei­ter­be­tei­li­gungs­pro­gramme un­ter­lie­gen nach der Recht­spre­chung voll­umfäng­lich der AGB-Kon­trolle. Vir­tu­elle Op­tio­nen sind als frei­wil­lige Leis­tung des Ar­beit­ge­bers Be­stand­teil der ar­beits­ver­trag­li­chen Vergütung und ha­ben des­halb Ent­gelt­cha­rak­ter. Denn sie bie­ten dem Ar­beit­neh­mer eine Chance auf Teil­habe an ei­ner Wert­stei­ge­rung im Fall des Ein­tritts ei­nes Ausübungs­er­eig­nis­ses. An­ders als Son­der­vergütun­gen, bei de­nen für Stich­tags­klau­seln strenge Re­geln gel­ten, stel­len sie aber we­ni­ger eine Ge­gen­leis­tung für er­brachte Leis­tun­gen des Ar­beit­neh­mers dar. Viel­mehr bie­ten sie eine Ge­winn­chance und einen An­reiz für zukünf­ti­gen Ein­satz und ha­ben des­halb einen deut­lich größeren spe­ku­la­ti­ven Cha­rak­ter. Vir­tu­elle Op­tio­nen recht­fer­ti­gen des­halb wie Ak­ti­en­op­tio­nen strenge Ver­fall- und Bin­de­klau­seln. Im Hin­blick auf ih­ren spe­ku­la­ti­ven Cha­rak­ter ist da­her un­abhängig vom Grund des Aus­schei­dens eine Re­ge­lung zulässig, die den er­satz­lo­sen Ver­fall al­ler Be­zugs­rechte bei ei­ner Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses vor­sieht. Dies gilt ins­be­son­dere bei einem li­nea­ren Ver­fall über 24 Mo­nate. Denn nach Aus­schei­den des Ar­beit­neh­mers entfällt die An­reiz­wir­kung für eine Be­tei­li­gung an der zukünf­ti­gen wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung des Un­ter­neh­mens.

Hin­weis: Vir­tu­elle Op­tio­nen sind in der ar­beits­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung bis­her nur sel­ten Thema. Die Ent­schei­dung des LAG München bestätigt die bis­he­rige BAG-Recht­spre­chung zu Ak­ti­en­op­tio­nen (Ur­teil vom 28.05.2008, Az. 10 AZR 351/07) und die gängige Pra­xis bei der Ge­stal­tung vir­tu­el­ler Op­tio­nen. Re­gelt das Mit­ar­bei­ter­be­tei­li­gungs­pro­gramm bei Aus­schei­den des Ar­beit­neh­mers einen gra­du­el­len Ver­fall über Mo­nate oder Jahre, re­flek­tiert dies den mit der Zeit ab­neh­men­den Ein­fluss des Be­rech­tig­ten auf den Un­ter­neh­mens­wert. Möglich ist aber auch ein di­rek­ter und vollständi­ger Ver­fall der Op­ti­ons­rechte bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Ge­gen die Ent­schei­dung des LAG München ist Re­vi­sion beim BAG (Az. 10 AZR 67/24) ein­ge­legt, so dass span­nend bleibt, ob das BAG seine bis­he­rige Recht­spre­chung bestätigt.

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