Beschränkter Betriebsausgabenabzug bei hybriden Gestaltungen
Seit 2020 enthält das deutsche Steuerrecht eine umfassende Regelung zum Betriebsausgabenabzug bei hybriden Gestaltungen, die zwischen nahestehenden Unternehmen in grenzüberschreitenden Sachverhalten vereinbart werden. Betroffen sind insbesondere Fälle, in denen Finanzinstrumente oder Gesellschaften in verschiedenen Staaten steuerlich unterschiedlich behandelt werden.
Warum wird der Betriebsausgabenabzug bei hybriden Gestaltungen beschränkt?
Grundsätzlich mindern Aufwendungen, die durch den Geschäftsbetrieb eines in Deutschland ansässigen Unternehmens veranlasst sind, als Betriebsausgaben den Gewinn, der in Deutschland der Ertragsbesteuerung unterliegt. Gestaltungen zwischen nahestehenden Unternehmen, bei denen Finanzinstrumente oder Gesellschaften in verschiedenen Staaten steuerlich unterschiedlich behandelt werden (sog. hybride Gestaltungen), können jedoch dazu führen, dass Aufwendungen in einem Staat steuerlich abgezogen, die entsprechenden Erträge in einem anderen Staat aber nicht besteuert werden. Um eine missbräuchliche Ausnutzung solcher Besteuerungsinkongruenzen zu verhindern, hat Deutschland im Einklang mit den Empfehlungen der OECD zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) und in Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie der EU (ATAD) vom 12.07.2026 eine spezifische Abzugsbeschränkung für Betriebsausgaben bei hybriden Gestaltungen eingeführt.
So funktioniert die Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs
Die Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs (§ 4k EStG) greift bei grenzüberschreitenden Sachverhalten
- zwischen steuerlich nahestehenden Personen, also z. B. bei einer Kapitalbeteiligung von mindestens 25 %,
- zwischen einem Unternehmen und seiner ausländischen Betriebsstätte oder
- bei strukturierten Gestaltungen, wenn also z. B. der erstrebte Steuervorteil in die vertraglichen Vereinbarungen eingerechnet wurde.
Hinweis: Die deutsche Finanzverwaltung hat am 05.12.2024 das lang erwartete finale Schreiben zu § 4k EStG vorgelegt. Darin geht es auf die in der Vorschrift geregelten Anwendungsfälle ein und erläutert insbesondere, wer die Beweislast trägt und Nachweise zu erbringen hat.
Betroffen sind insb. Fälle von „Deduction/Non-Inclusion“, in denen Aufwendungen in Deutschland abgezogen, die korrespondierenden Erträge im Ausland aber nicht oder reduziert besteuert werden. Auch im Fall einer „Double Deduction“, wenn die Betriebsausgaben in zwei Staaten steuerlich berücksichtigt werden, soll die Vorschrift den doppelten Betriebsausgabenabzug unterbinden. Darüber hinaus greift die Vorschrift bei importierten Besteuerungsinkongruenzen. Darunter sind Fälle zu verstehen, in denen den aus den inländischen Aufwendungen unmittelbar oder mittelbar resultierenden Erträgen im Ausland wiederum Aufwendungen im Ausland gegenüberstehen, deren Abzug beim Gläubiger, einem weiteren Gläubiger oder einer anderen Person bei entsprechender Anwendung der vorgehenden Grundsätze versagt werden würde.
Typische Anwendungsfälle für die Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs sind:
- Hybride Finanzinstrumente: Räumt eine inländische Gesellschaft einer im Ausland ansässigen Schwesterkapitalgesellschaft Genussrechte ein, sind die damit verbundenen Zahlungen an die Schwestergesellschaft in Deutschland als Zinsaufwendungen einzustufen. Sofern die Genussrechte im Ausland hingegen als beteiligungsähnlich eingestuft werden und die Zahlungen somit Dividenden darstellen, dürfen bei der deutschen Gesellschaft keine Betriebsausgaben abgezogen werden.
- Hybride Gesellschaften: Optiert eine im Inland ansässige Personengesellschaft zur Körperschaftsbesteuerung im Inland und wird diese im Ausland weiterhin als steuerlich transparent behandelt. Damit wird das Geschäftsführergehalt eines im Ausland ansässigen Gesellschafters im Ausland als Gewinnanteil qualifiziert, dort aber aufgrund der DBA-Freistellung für Betriebsstättengewinne nicht besteuert. Im Inland wird der zur Körperschaftsbesteuerung optierten Gesellschaft daher der Betriebsausgabenabzug für das Geschäftsführergehalt verwehrt.
Die Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs kommt ungeachtet der Vorgaben der Doppelbesteuerungsabkommen zur Anwendung. Betroffene Unternehmen können sich somit nicht auf einen Abkommensschutz berufen.
Die Betriebsausgabenabzugsbeschränkung nach § 4k EStG findet grundsätzlich seit dem Veranlagungszeitraum 2020 Anwendung. Nach unserer Wahrnehmung wird die Frage zum Betriebsausgabenabzug daher derzeit verstärkt im Rahmen von Betriebsprüfungen aufgegriffen. Insb. bei von § 4k EStG erfassten Dauerschuldverhältnissen, die bereits vor 2020 begründet wurden, stellt sich dann die Frage, inwieweit die Betriebsausgabenabzugsbeschränkung greift. Denn deren Anwendung ist auf Aufwendungen beschränkt, die ab 2020 ohne wesentliche Nachteile hätten vermieden werden können oder wenn ab 2020 das Dauerschuldverhältnis wesentlich geändert wurde.
Wie wir Sie unterstützen
Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten mit nahestehenden Personen, die im In- und Ausland steuerlich potenziell unterschiedlich behandelt werden, sollte spätestens im Rahmen der Steuererklärungen geprüft werden, ob der Betriebsausgabenabzug aufgrund der Regelung nicht oder nur beschränkt möglich ist. Die Komplexität der Vorschrift mit ihren zahlreichen Ausnahmen und Rückausnahmen erfordert dabei regelmäßig eine detaillierte Betrachtung des Einzelfalls. Gerne unterstützen wie Sie
- bei der Prüfung Ihrer individuellen Sachverhalte und analysieren, wie Sie potentielle steuerliche Nachteile vermeiden können.
- Bei Betriebsprüfungen stehen wir Ihnen im Rahmen unserer Abwehr- und Durchsetzungsberatung rund um die Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs zur Seite.
- Um steuerlich optimale Dispositionen treffen zu können, halten wir Sie zudem stets über gesetzliche Änderungen und Anwendungsvorschriften der Finanzverwaltung hinsichtlich des Betriebsausgabenabzugs für hybride Gestaltungen auf dem Laufenden.
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