ViDA-Paket vom Rat der Europäischen Union verabschiedet

21.03.2025 | 3 Minuten Lesezeit

Das Maßnahmenpaket VAT in the Digital Age (ViDA) ist Teil des Aktionsplans der EU für eine faire und einfache Mehrwertbesteuerung und zielt darauf ab, das Mehrwertsteuersystem zu vereinfachen und widerstandsfähiger gegen Betrug zu machen. Die nun vom Rat der Europäischen Union beschlossenen Maßnahmen umfassen die Einführung digitaler Meldepflichten auf Grundlage elektronischer Rechnungen, eine vereinfachte EU-Mehrwertsteuerregistrierung und neue Regelungen für die Plattformwirtschaft.

EU-seitige Umsetzung der ViDA-Maßnahmen abgeschlossen

Die ViDA-Initiative geht auf einen von der EU-Kommission am 08.12.2022 veröffentlichten Vorschlag zur Anpassung des europäischen Mehrwertsteuersystems an die Herausforderungen und Möglichkeiten der digitalen Wirtschaft zurück.

Am 05.11.2024 einigten sich die EU-Finanzminister im ECOFIN-Rat auf Basis des Richtlinienentwurfs vom 30.10.2024 auf ein finales Maßnahmenpaket zur Umsetzung der von der EU-Kommission eingeleiteten Reforminitiative. Nach der Zustimmung des Europäischen Parlaments am 12.02.2025 hat nunmehr am 11.03.2025 der Rat der Europäischen Union als letzten Schritt die ViDA-Reform verabschiedet.

Die beschlossenen Neuerungen schlagen sich in Änderungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 und der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 nieder. Die Änderung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie muss noch in nationales Recht umgesetzt werden. Die Verordnungen finden direkt Anwendung und treten am 20. Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU (voraussichtlich Ende März / Anfang April 2025) in Kraft.

Ziele des ViDA-Maßnahmenpakets

Mit dem ViDA-Paket werden u.a. folgende Ziele verfolgt:

  • Modernisierung des Mehrwertsteuersystems in der EU
  • Verbesserung der Steuererhebung bei grenzüberschreitenden Umsätzen
  • Reduzierung der Mehrwertsteuerlücke und Bekämpfung von Steuerbetrug, insb. des innergemeinschaftlichen Missing-Trader-Betrugs
  • Harmonisierung und Vereinfachung der Mehrwertsteuermeldepflichten in der EU
  • Einführung der elektronischen Rechnungsstellung als Standard für grenzüberschreitende Umsätze
  • Verringerung der Notwendigkeit mehrfacher Mehrwertsteuerregistrierungen in der EU
  • Anpassung der Mehrwertsteuervorschriften an die Herausforderungen der Plattformwirtschaft
  • Senkung der Befolgungskosten für Unternehmen, die in verschiedenen Mitgliedstaaten tätig sind
  • Beseitigung von Hindernissen im Binnenmarkt
  • Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten der Steuerverwaltungen durch zeitnahe und detaillierte Informationen auf Umsatzbasis

Überblick über die beschlossenen Änderungen

Das nun beschlossene ViDA-Paket besteht im Wesentlichen aus drei Säulen:

1) Einführung der verpflichtenden E-Rechnung und des digitalen E-Reportings

  • Obligatorische elektronische Rechnungsstellung für bestimmte grenzüberschreitende B2B-Umsätze innerhalb der EU ab dem 01.07.2030
  • Digitale Meldepflichten für entsprechende Umsätze, für die E-Rechnungen ausgestellt werden müssen und die die Zusammenfassenden Meldungen ab dem 01.07.2030 ersetzen sowie Vereinheitlichung des Meldevorgangs in der EU bis zum 01.01.2035

2) Ausweitung der Leistungs- und Lieferkettenfiktionen für digitale Plattformen und Marktplätze

  • Ausweitung der bestehenden fingierten Lieferkette für B2C-Lieferungen in der EU, die im Drittland ansässige Onlinehändler über Online-Marktplätze erbringen, auch auf B2B-Lieferungen zum 01.01.2027
  • Fingierte Leistungskommission für bestimmte digitale Plattformen, die die kurzfristige Unterkunfts-Vermietung (bis 30 Nächte) oder die Personenbeförderung unterstützen, frühestens ab 01.07.2028 und spätestens zum 01.01.2030

3) Verbesserung der einzigen Mehrwertsteuer-Registrierung

  • Schrittweise Erweiterung des One-Stop-Shop-Verfahrens (OSS) und der Regelungen zum Reverse-Charge-Verfahren für B2B-Umsätze zum 01.01.2027 und zum 01.07.2028
  • Vereinfachungsregelung für Konsignationslager wird beginnend zum 01.07.2028 abgeschafft und am 30.06.2029 auslaufen

Das zeitlich gestaffelte Inkrafttreten der einzelnen Maßnahmen zu den verschiedenen Zeitpunkten bis zum 01.07.2035 können Sie der folgenden grafischen Darstellung entnehmen:

Foto: RSM Ebner Stolz

Handlungsempfehlungen

Für Unternehmen lassen sich aus den Änderungen u.a. folgende Handlungsempfehlungen ableiten:

  • E-Rechnung und E-Reporting:
    Die bestehenden Buchhaltungs- und ERP-Systeme sollten hinsichtlich ihrer Kompatibilität mit den neuen ViDA-Anforderungen für elektronische Rechnungsstellung und digitale Echtzeit-Meldesysteme analysiert werden. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf der Einhaltung der CEN-Norm EN 16931 unter Berücksichtigung länderspezifischer Anforderungen, auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Meldesysteme als sog. V-Modell oder Y-Modell liegen. Hier wird auch der Validierung der E-Rechnungen erhebliche Bedeutung zukommen.
  • Liefer-/Leistungsfiktionen für digitale Plattformen und Marktplätze:
    Die Prozesse und Systeme müssen an erweiterte Prüf- und Dokumentationspflichten (z. B. USt-IdNr.-Validierung, Gelangensnachweise) sowie Meldeverpflichtungen gegenüber den Finanzbehörden angepasst werden, um eine Steuerhaftung zu vermeiden. Zudem muss im Auge behalten werden, ob die Regelung im jeweiligen Mitgliedstaat auch für Kleinunternehmer Anwendung finden soll.
  • Einzige Mehrwertsteuer-Registrierung:
    Es ist zu prüfen, ob Ihre Geschäftsaktivitäten in den Anwendungsbereich der neuen Regelungen fallen und ob Sie tatsächlich von einer einzigen Mehrwertsteuer-Registrierung profitieren können. Bestimmte Umsätze machen nach wie vor eine Mehrwertsteuer-Registrierung im EU-Ausland erforderlich (z. B. beim innergemeinschaftlichen Erwerb im EU-Ausland durch Verbringen ohne Nutzung des OSS-Verfahrens oder bei Ausgangsumsätzen im EU-Ausland wie z. B. innergemeinschaftlichen Lieferungen oder Ausfuhrlieferungen).